Die Nachhilfestunde 44: Liebe gegen Liebe

Nachdem sie Annika nach Hause gebracht hatte, machte sie sich auf den Weg zu Chantal. Ihr fiel ein, dass sie sie noch nie Zuhause besucht hatte. Wieso hätte sie das auch tun sollen, sie und Chantal waren sich jahrelang spinnefeind gewesen. Aber das war ja mittlerweile Geschichte und deswegen würde sie wohl nichts dagegen haben, wenn sie bei ihr klingeln würde.

Peggy parkte das Auto vor dem kleinen Reihenhaus, in dem Chantal mit ihren Eltern wohnte, und schaute unschlüssig durch das Fenster. Emelie würde sie mitnehmen müssen, auch wenn sie das eigentlich nicht so gerne wollte. Es sollte nicht um sie, die Geburt oder sonst etwas gehen, sondern darum, wie es Chantal in der Zwischenzeit ergangen war. Aber sie konnte die Kleine ja nicht einfach hier zurücklassen.
Kurz entschlossen stieg Peggy aus, holte den Kinderwagen aus dem Kofferraum, in den sie Emelie legte, und ging auf das Haus zu. Sie betätigte die Klingel und wartete, bis sich durch die Milchglasscheibe eine Gestalt abzeichnete und die Tür von einer Frau geöffnet wurde, die Peggy ziemlich überrascht anschaute. Peggy wusste sofort, dass das Chantals Mutter war, sie besaß dieselben ungebändigten, braunen Haare, wie sie.

>>Guten Tag. Entschuldigen Sie die Störung. Könnte ich Chantal sprechen?<< lächelte Peggy so höflich, wie es ging und versuchte die Art,wie ihr Gegenüber sie taxierte, zu ignorieren. >>Wer will das denn wissen?<< fragte die Frau mit einer tiefen Stimme, die auf regelmäßigen Nikotinkonsum schließen ließ.
>>Ich bin Peggy Steinkamp, Chantal und ich waren im selben Abi-Jahrgang. << erklärte sie sich und die Miene von Chantals Mutter erhellte sich. >>Ach ja, ich erinnere mich. Dich habe ich damals auf der Abi-Feier gesehen, als du die Rede gehalten hast. << -
>>Ja, das kann
sein. << nickte Peggy, die Frau trat zur Seite. >>Komm rein, Chantal ist oben. Ist das dein
Kind?<< Sie deutete auf den Kinderwagen, doch Peggy lächelte nur unbestimmt und gab keine weiteren Erklärungen ab. Sie schob den Kinderwagen in den Hausflur der Wohnung und hob Emelie vorsichtig auf den Arm.
>>Chantal, du hast Besuch!<< rief ihre Mutter die schmale Holztreppe hinauf, bedeutete Peggy mit einer knappen Geste, nach oben zu gehen und zog sich dann in eine kleine Küche zurück. Peggy nahm den Zigarettengeruch und den Qualm war, der aus diesem Raum zu kommen schien und warf einen sorgenvollen Blick auf Emelie. Hoffentlich schadete ihr das nicht. Sie stieg die Treppe hinauf, an deren oberen Absatz schon Chantal stand und sie überrascht anschaute.
>>Was machst du denn hier?<< - >>Hi. Ich wollte mit dir sprechen. Hast du Zeit? << fragte Peggy und blieb vor ihr stehen. Chantal blinzelte ein paar Mal. Sie hatte wirklich nicht erwartet, dass Peggy sie Zuhause aufsuchen würde, aber wenn sie ehrlich war, fand sie es ziemlich nett von ihr. Sie deutete mit dem Kopf in Richtung ihres Zimmers, das sie gemeinsam betraten.

Es war klein, aber irgendwie gemütlich, wie Peggy feststellte, als sie auf dem Schreibtischstuhl Platz nahm und Chantal sich im Schneidersitz auf ihr Bett setzte.
>>Wie geht's dir?<< fragte Peggy, Chantal zuckte die Schultern. >>Geht schon. << - >>Was ist mit Chris?<< - >>Was soll mit dem sein?<< - >>Mann, du weißt doch, was ich meine. << erwiderte Peggy ungeduldig. Sie verstand nicht, warum Chantal sich jedes Wort so aus der Nase ziehen ließ. Chantal wich ihrem Blick aus und nestelte an der Bettdecke herum. Peggy spürte ihr Herz schneller schlagen. >>Du willst mir nicht erzählen, dass du immernoch mit ihm zusammen bist?<< - >>Nein. Wir haben uns getrennt.<< Peggy atmete auf. Gott sei Dank! Dennoch wirkte Chantal nicht so, als sei alles geklärt und in bester Ordnung. Aber sie wollte sie nicht bedrängen und wartete ab, ob sie ihr von selbst etwas mehr erzählen würde. Irgendwann, als Peggy die Hoffnung darauf schon begraben wollte, brach es dann aber doch aus ihr heraus.
>>Dieser miese Drecksack! Als ich ihm gesagt habe, dass ich schlussmachen will, hat er mich ausgelacht und meinte, dass ich das ja eh nicht können würde. << - >>Wieso solltest du das nicht können?<< - >>Hab ich ihn auch gefragt und dann meinte er, dass ich doch viel zu abhängig von ihm wäre, emotional und finanziell, weil ich ja in seinem scheiß Club gearbeitet habe. Stell dir das mal vor, der hat es wirklich nicht ernst genommen und mich stehenlassen. Einfach so. Ich hab ihm ein paar Tage später nochmal gesagt, dass ich das durchaus ernst gemeint habe und das Ganze beenden will. Und seine eiskalte Rektion und Gleichgültigkeit haben mir gezeigt, dass es ihm wohl nie so ganz ernst war. << Peggy hatte fassungslos zugehört und schüttelte nun verständnislos den Kopf. Was für ein ekelhafter Typ! Umso besser war es, dass Chantal sich von ihm verabschiedet hatte. >>Und diese ganzen kriminellen Geschichten im Black Sugar?<< harkte sie nach. >>Damit solltest du eigentlich zur Polizei gehen. Die würden ihn sofort drankriegen. << - >>Verdient hätte er es, aber eigentlich will ich mit ihm, dem Club oder seinen ganzen Machenschaften gar nichts mehr zutun haben, also lasse ich das. << Peggy nickte, das konnte sie nachvollziehen. Vielleicht würde es ihr genauso gehen, wenn sie in dieser Situation wäre.
>>Sei froh, dass du ihn losbist. <<- >>Ja, mittlerweile bin ich das auch, aber zuerst hat es sich ziemlich mies angefühlt. Mir ging es richtig dreckig, weil ich mich irgendwie total benutzt gefühlt habe. << -
>>Entschuldige, dass ich mich nicht bei dir gemeldet
habe. << bat Peggy schuldbewusst. >>Ich weiß, ich wollte dir bei all dem helfen, aber ... << Sie stockte, und erst jetzt wurde Chantal auf das Baby aufmerksam, das Peggy im Arm hielt. Ihre Augen wurden groß und sie holte tief Luft. >>Hast du etwa schon dein Kind bekommen?<< Peggy lächelte unsicher und hob die Schultern. >>Deswegen bin ich über die Sache mit Chris und dir auch leider hinweg gekommen. Sorry. <<- >>Quatsch, ist doch total verständlich! << antwortete Chantal aufgeregt. Sofort waren ihre bedrückte Stimmung und ihre Probleme vergessen. Sie sprang auf und beugte sich zu Peggy hinunter, um Emelie aus nächster Nähe betrachten zu können. >>Oh Mann, ist die niedlich! Wie heißt sie?<< - >>Emelie-Sophie. << - >>Wow, voll schön! Hast du den Namen ausgesucht, oder war Mark das?<< - >>Wir beide. << erklärte Peggy und dachte einen Moment lang an die aufregende Namenssuche zurück. Tagelang, wochenlang hatte sie nach DEM perfekten Namen für ihr Kind gesucht, doch keiner erschien ihnen passend. Irgendwann hatte Peggy Gefallen an Emelie gefunden, doch da hatte Mark im Internet nach den schönsten Mädchennamen gesucht, und Sophie hatte ihn sofort überzeugt. Und mit dem Doppelnamen waren sie schließlich einen Kompromiss eingegangen, mit dem sie beide gut leben konnten.
>>Das ist echt ein toller Name! << fand Chantal.
>>Emelie-Sophie...und weiter?<< - >>Winter natürlich. Sie ist Marks Tochter!<< - >>Hätte ja sein können, dass sie deinen Nachnamen bekommt. << Peggy schaute auf Emelie hinunter, die in ihren Armen eingeschlafen war, und lächelte. Emelie-Sophie Winter, das klang einfach wundervoll! Aber der eigentliche Grund, wieso sie Marks Nachnamen bekommen sollte, war ein anderer: sie hoffte, dass sie ihren eigenen irgendwann sowieso ablegen würde ...
>>Hey, Moment mal!<< rief Chantal aufgeregt.
>>Geheiratet habt ihr aber nicht, oder?<< - >>Nein, natürlich nicht!<< lachte Peggy. >>NOCH nicht. << - >>Aber ihr plant es?<< Peggy zuckte unsicher die Schultern. Klar, sie würde seine Frau werden wollen! Allein bei dem Gedanken, zu heiraten, bekam sie eine Gänsehaut vor Glück. Aber zu dieser Entscheidung gehörten natürlich zwei und es erschien auch irgendwie utopisch, sich schon jetzt Gedanken darüber zu machen.
>>Irgendwann bestimmt, aber nicht heute oder morgen. Das hat noch Zeit! Jetzt ist Emelie erstmal da und die nimmt momentan unsere ganze Zeit und Kraft in Anspruch. Außerdem muss ich allmählich mal wieder zur Uni! Wie soll ich jemals ans Heiraten denken, wenn ich keine beruflichen Perspektiven schaffe? << - >>Und wo bleibt Emelie dann?<< - >>Mark geht in Elternzeit. Ich war erst dagegen, weil ich weiß, wie gerne er Lehrer ist, aber andererseits ist das echt die beste Lösung. Er liebt die Kleine heiß und innig!<< lächelte Peggy glücklich, schaute Chantal dann jedoch erschrocken an. >>Oh nein, ich wollte eigentlich gar nicht davon anfangen! Ich bin ja hier, damit du mir erzählen kannst, wie es dir ergangen ist ... << Doch Chantal hob einhaltend die Hand und grinste. >>Nein! Du erzählst mir jetzt erstmal alles: vom Verlauf deiner Schwangerschaft, der Geburt und und und. Ich will alles wissen! Und außerdem ist das das perfekte Mittel, um mich von meinen trüben Gedanken abzulenken. Also, schieß los!<<
Peggy musste lachen und berichtete Chantal in der nächsten Stunde haarklein die Geschehnisse der letzten Wochen. Und es stimmte: Chantal wurde zusehends fröhlicher, und sie plauderten so ausgelassen miteinander, als wäre nie ein böses Wort zwischen ihnen gefallen!



Einige Wochen später saß Peggy in der Unibibliothek und versuchte, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, die ihre Dozentin ihnen gegeben hatte. Vergeblich, sie war einfach hundemüde und das Thema, Methoden – und Theorielehre viel zu kompliziert. Sie seufzte, ließ den Stift fallen und vergrub das Gesicht in ihren Händen. Hier konnte man das mal machen: für eine kurze Zeit abschalten, hier fiel das nicht auf. Damals in der Schule ging das nicht.
>>Hey, nicht einschlafen! << Peggy spürte einen leichten Stoß in die Seite und sah auf. Florian, der neben ihr saß und ebenfalls die Lehrbücher vor sich hatte grinste sie an und schüttelte tadelnd den Kopf. >>Also wirklich! Ein bisschen Haltung, wenn ich bitten darf.<< Florian war ein super Typ! Immer für einen Spaß zu haben und irgendwie immer gut drauf. Selbst wenn die ganze Lerngruppe Nachmittags in der Mensa saß, das mehr oder weniger gute Essen vor sich hatte und die Motivation aller am absoluten Nullpunkt angelangt war, machte Florian noch Stimmung und konnte sie wieder ein wenig aufheitern. Peggy mochte ihn für diese wertvolle Eigenschaft unglaublich!
Sie erwiderte sein Grinsen und hob entschuldigend die Hände. >>Verzeihung, ich wusste nicht, dass du neuerdings zu denen gehörst, die immer und überall voll konzentriert bei der Sache sind. << - >>Nur bei den wichtigen Sachen. Und das Thema ist wichtig. Klausurrelevant. << - >>Ich hasse diese Wort!<< stöhnte Peggy und rieb sich die Stirn, hinter der es schon bedenklich pochte. Wenn sie jetzt auch noch Kopfschmerzen bekam, war der Tag gelaufen. Florian sah sie amüsiert an. >>Du solltest weniger Feiern gehen, dann bist du am anderen Tag auch nicht so
erschlagen. << - >>Feiern gehen? Du bist lustig! Was mich die ganze Nacht auf Trab gehalten hat, waren nicht die Clubs, sondern meine Tochter. << Es verging beinah keine Nacht, in der Emelie sich nicht alle paar Stunden zu Wort meldete, keine Nacht, in der Peggy oder Mark nicht immer und immer wieder aufstehen und sie beruhigen mussten. Sie konnte sich gar nicht erinnern, wann sie das letzte Mal durchgeschlafen hatte. Das war schon ewig her gewesen! Und so langsam, das spürte Peggy, ging das nächtliche Wachen an die Substanz! Sie war fix und fertig!
>>Oh, verstehe. << erwiderte Florian und warf einen Blick auf Peggys Handy, das auf dem Tisch lag und auf dessen Hintergrund ein kleines schlafendes Wesen zu sehen war. >>Sieht aber süß aus, deine Kleine. << lächelte er, Peggy folgte seinem Blick, lächelte ebenfalls und nahm das Handy in die Hand, um das Bild näher betrachten zu können. >>Ja, das ist sie. Süß und anstrengend!<< Florian nickte und sah aus dem Fenster. Draußen breitete sich ein typischer Novembertag aus: grau, kalt, trüb. An den Bäumen hingen nur noch vereinzelt Blätter. Die meisten waren schon heruntergefallen und bildeten auf dem Boden einen rot-gelben Teppich, bis der Wind sie irgendwann aufwirbeln und durch die Luft scheuchen würde. An einen anderen Platz.

>>Wollen wir in die Stadt? Was trinken gehen?<< schlug Florian vor, Peggy blickte ihn unschlüssig an. >>Und die Aufgaben?<< - >>Ach, die müssen wir doch erst nächste Woche fertig haben. Ich hätte jetzt schon Lust auf ein schönes Bier. << - >>Ich auch, aber ich darf nicht. << erwiderte Peggy mit Bedauern. >>Ich stille ja noch. <<- >>Okay, dann bekommst du eben Kakao. << lächelte Florian und seine blauen Augen zwinkerten. >>Also, was ist?<< Peggy blickte auf ihre Unterlagen, auf die Bücher und die vielen Zettel, die sie zu bearbeiten hatte, und dann zurück zu Florian, der sie erwartungsvoll ansah. Sie seufzte. >>Okay, dann los!<<
Der kleine Ausflug, der Kakao und Florians unglaublich ansteckende, gute Laune sorgten dafür, dass Peggys Kopfschmerzen rasch verflogen und selbst ihre Müdigkeit irgendwann vergessen war. Doch nicht nur das, auch die Aufgaben, die sie beiseitegeschoben hatten, vergaßen sie und so hatte Peggy am Wochenende doppelt so viel zu tun, als sonst, damit sie alles rechtzeitig fertig bekommen würde. Florian stellte sich diesem Problem nicht, er würde den Abgabetermin einfach *vergessen*, was er auch Peggy geraten hatte, aber das wollte sie nicht. Irgendwie machte das einen schlechten Eindruck, fand sie und deshalb verbrachte sie den halben Samstag in der Bibliothek, um das aufzuholen, was sie in der Woche versäumt hatte, zu tun. Sie biss die Zähne zusammen und schaffte es, aber es zerrte unheimlich an ihren Nerven. Das stundenlange lernen und bearbeiten komplexer Aufgaben unter Zeitdruck forderten irgendwann ihren Tribut, sodass sie gegen Abend müde und ein wenig gestresst nach Hause kam. Sie wollte nur noch eines: heiß duschen, etwas leckeres Essen, sich dann die Decke über den Kopf ziehen und die Augen erst wieder am nächsten Morgen öffnen.
Umso genervter war sie, als sie die Haustür aufschloss und im Flur beinah über Emelies Maxicosi gestolpert wäre, der mitten im Weg stand. Sie seufzte und sah sich um. Überall lagen irgendwelche Dinge verstreut: Unterlagen, Babysachen, Klamotten, auf der Kommode, auf dem Fußboden, überall.
>>Wie sieht’s denn hier aus!<< murmelte sie und schloss die Tür, ehe sie die Jacke auszog und ihre Schuhe abstreifte. Sie ging in die Küche, in der sich ein ähnliches Bild bot. Auch hier herrschte irgendwie Chaos. Mark saß am Küchentisch vor dem Laptop und schaute erfreut auf, als Peggy hereinkam. >>Hey Süße, da bist du ja endlich! Komm mal her, ich muss dir was
zeigen. << Er streckte den Arm nach ihr aus und Peggy ging auf ihn zu. Er zog sie an sich und deutete auf den Bildschirm des Laptops, auf dem die Seite einer Reiseagentur leuchtete. >>Ich hab mal nach Urlaubszielen geguckt. Du wolltest doch so gerne nach Kreta und ich hab hier ein super Angebot. <<

Peggy blickte auf die Website, ohne jedoch wirklich auf den Inhalt zu achten. Ja, sie wollte nach Kreta, darüber hatten sie vor ein paar Wochen irgendwann mal gesprochen, aber das war nur ein flüchtiger Gedanke gewesen. Für sie jedenfalls. Sie hob den Blick und schaute sich in der Küche um. In der Spüle stapelte sich schmutziges Geschirr und auf dem Herd stand noch derselbe benutzte Topf, wie heute Morgen. Und irgendwie nervte sie das ziemlich!
>>Ich dachte, du wolltest spülen. << sagte sie, ohne auf Marks Reisepläne einzugehen. Er folgte knapp ihrem Blick und winkte dann ab. >>Ja, das mache ich gleich noch. Jetzt schau mal, was hältst du von dem Angebot hier?<< Aber Peggy hatte wirklich keinen Nerv, sich jetzt Gedanken über einen Urlaub zu machen. Nicht nach so einem Tag, nicht in so einem Chaos und nicht mit dem Hunger, den sie hatte. >>Hast du nichts gekocht?<< fragte sie und Mark hörte den Vorwurf in ihrem Tonfall ganz deutlich heraus. Er gab es auf, klappte den Laptop zu und sah sie an. >>Nein. Habe ich nicht. << erwiderte er ruhig und Peggy löste sich von ihm. Na super, noch nicht einmal etwas zu essen nach all dem Lernstress! >>Und wieso nicht? Ich hab voll Hunger! << - >>Dann bestell dir Pizza. << antwortete Mark, stand auf und versuchte, den Ärger, der in ihm aufkam, nicht allzu stark werden zu lassen. >>Peggy, ich habe hier wirklich alle Hände voll zu tun gehabt. << - >Warum ist dann hier so eine Unordnung? Du weißt, wie ich das hasse!<< Peggy merkte selber, dass sie gerade mehr und mehr gereizt wurde, aber sie konnte nichts dagegen tun. Ihre Nerven lagen einfach blank! >>Du kannst gerne aufräumen, wenn es dich stört. << antwortete Mark, Peggy schnaubte. >>Aufräumen? Weißt du, was ich für einen Tag hatte? Wie anstrengend der war?<< - >>Und du meinst, ich hab in der Zwischenzeit auf der faulen Haut gelegen, oder was?<< rief Mark und wurde nun wirklich sauer. Er hatte keine Ahnung, was Peggy dazu brachte, so mies gelaunt zu sein. Peggy zuckte die Schultern und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. >>Wenn ich mir das hier so ansehe…<< - >>Jetzt reicht’s, ehrlich! Ich hab mich um Emelie gekümmert, den ganzen Tag! Und das ist nicht ohne! Du weißt selber, dass sie gut und gerne schreit. << - >>Ich weiß vorallem, dass ich einen scheiß Tag hatte. << erwiderte Peggy aufgebracht, doch Mark zuckte die Schultern. >>Wenn du dich lieber in der Stadt vergnügst, als rechtzeitig deine Aufgaben zu machen, musst du dich nicht wundern, wenn du nicht fertig wirst. << Peggy starrte ihn mit offenem Mund an. >>Was soll das denn heißen? << ->>Dass ich keine Lust mehr habe, mir anzugucken, wie du dein Studium schleifen lässt, obwohl ich dir hier den Rücken freihalte und alles tue, damit du dich auf die Uni konzentrieren
kannst! <<- >>Ach, jetzt wirfst du mir vor, dass nicht ich Zuhause bleibe, sondern du? < - >>Darum geht’s überhaupt nicht. Es geht darum, dass ich unsere Tochter versorgt habe, den ganzen Tag. Alleine. Entschuldige, dass ich da nicht auch noch die Zeit gefunden habe, für Madame zu kochen!<<
Peggy sah seine Augen aufblitzen und spürte, dass er gerade ziemlich sauer auf sie war. Aber sie war es auf ihn nicht weniger. Anscheinend verstand er nicht, wie fertig sie war. Oder verstand sie ihn nicht? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass es ihr gerade ziemlich beschissen ging!
In diesem Moment hörte sie Emelie, die wieder einmal ihr durchdringendes Schreien zu Gehör brachte. Es erschien ihr doppelt so laut wie sonst und augenblicklich setzten ihre Kopfschmerzen wieder ein. Sie presste die Hände an die Schläfen und betete stumm, dass sie sich von alleine wieder beruhigen würde, doch das tat sie nicht. Im Gegenteil, ihr Geschrei wurde immer lauter, doch Mark machte keine Anstalten, sich auf den Weg zu ihr zu machen.
Peggy blickte ihn nach wie vor gereizt an, doch er blieb ungerührt stehen und blickte genauso gereizt zu ihr zurück. >>Geh hin, deine Tochter weint. << sagte er auffordernd und das gab Peggy den Rest! >>Mann, ich kann nicht mehr!<< - >>Ich auch nicht!<< schrie Mark zurück. Die Spannung zwischen ihnen war fast mit den Händen greifbar! Wie bei einem Gewitter, das sich zusammenbraut und das sich irgendwann in einem gewaltigen Knall entlädt. Und sie blieben einander gegenüber stehen, starrten sich an, blaue Augen gegen braune Augen, Wut gegen Wut, Liebe gegen Liebe. Doch keiner lenkte ein.