Es hat doch etwas länger gedauert, als angekündigt. Man möge mir verzeihen! Ich muss momentan viel arbeiten und dann kommt mir noch eine Krankschreibung in die Quere...naja, aber hier ist er nun endlich, der neue Teil.
lg!



Die Nachhilfestunde 45: die Lösung

Ein Stockwerk darüber saß Sascha an seinem Schreibtisch und arbeitete einige Unterlagen durch, die sich mit den Kursen im Fitnessstudio beschäftigten. Sein Chef lag ihm schon seit Tagen in den Ohren, er solle sich spätestens im kommenden Monat ein neues Programm für die Kursteilnehmer überlegen. Etwas, das sich an den neusten Kenntnissen im Bereich von Sport und Fitness orientierte und dabei Altbewährtes nicht vernachlässigte. Sascha atmete tief durch und schüttelte den Kopf, als er einen weiteren Einfall verwarf. Das konnte doch nicht so schwierig sein! Aber irgendwie fehlte ihm eine zündende Idee. Vielleicht sollte er Chantal in die Sache mit einbinden. Immerhin war sie die Auszubildende und das wäre sicher eine interessante Aufgabe für sie. Er nahm sein Handy in die Hand, überlegte, sie jetzt sofort anzurufen und sie einzuweihen, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Es war Samstag und wollte er kein Griesgram sein und einer jungen Frau den Abend mit Arbeit madig machen. Montag würde er sie informieren, das würde genügen.
Er fuhr seinen Laptop hoch, um im Internet nach Anregungen zu suchen, als er Schreien und laute Stimmen vernahm. Er stutzte, das kam doch von unten, oder? Das war doch Emelie. Und Peggy. Und Mark. Aber so laut?
Von einem unguten Gefühl angetrieben, stand Sascha auf und ging die Treppe hinunter, die zu Marks Wohnung führte. Die Stimmen wurden lauter und anscheinend hatte er richtig gelegen: Mark und Peggy schienen nicht gerade zimperlich miteinander umzugehen.
Als er die Küche betrat, war die Spannung zwischen den beiden so deutlich zu spüren, dass er automatisch einen Schritt zurück wich. Mark und Peggy standen einander gegenüber, starrten sich an und ihre Augen funkelten.
>>Was ist hier denn los?<< fragte Sascha völlig verständnislos, so hatte er die beiden noch nie gesehen! Eine lähmende Stille breitete sich aus, die lediglich von Emelie unterbrochen wurde. Weder Mark, noch Peggy gaben eine Antwort, blickten sich nur weiterhin mit unverholenem Ärger an. Doch Sascha bemerkte das Zittern von Peggys Lippen und die Blässe auf ihren Wangen und er wusste, dass das ein sicheres Zeichen dafür war, dass sie ihre Tränen zu unterdrücken versuchte. Schließlich holte sie tief Luft und schüttelte den Kopf. >>Gar nichts. << sagte sie mit spröder Stimme, machte kehrt und verließ die Küche und nur wenige Sekunden später, verstummte das Geschrei von Emelie. Zu ihr war sie also geflohen.
Sascha blickte zuerst ihr nach, dann jedoch mehr als fragend zu Mark, der noch immer am selben Platz stand, nun auch tief ausatmete und sich mit den Händen durch das Gesicht fuhr. Er hasste es, mit Peggy in solche Dispute zu geraten, aber dieses Mal, da war er sich sicher, hatte sie zu einem erheblichen Teil Schuld daran! Er bemerkte Saschas Blick und wusste, dass dieser auf eine Erklärung wartete.
>>Wir haben uns gestritten. << sagte er, auch wenn er wusste, dass das sicher offensichtlich gewesen war. Aber was sollte er sonst sagen? Dass Peggy eigentlich völlig grundlos ausgerastet war? Dass sie sich beide wie die Kinder angefaucht hatten? Sascha nickte langsam. >>Das war nicht zu überhören. Was war los?<<

Noch bevor Mark zu einer Antwort ansetzen konnte, trat Peggy auf den Flur. Angezogen, mit einer Tasche in der Hand und Emelie im Kinderwagen. Mark wusste sofort, was sie vorhatte und ging an Sascha vorbei, auf sie zu. >>Wo willst du hin?<< fragte er, schärfer, als beabsichtig. Peggy hob den Kopf und schaute ihn kühl an. >>Ich übernachte anderswo. Und da Emelie für dich anscheinend eine so große Belastung darstellt, werde ich sie mitnehmen. Nicht dass du mir wieder vorwirfst, du müsstest dich dauernd alleine um sie kümmern. << - >>Das ist jetzt wirklich albern!<< - >>Mag sein. Wir sehen uns morgen. << erwiderte Peggy, ohne weitere Erklärungen abzugeben und ging aus dem Haus. >>Peggy, bleib hier!<< rief Mark ihr noch nach, doch sie widerstand dem Impuls, sich umzudrehen. Irgendetwas sagte ihr, dass sie sich gerade total kindisch verhielt, dass sie umdrehen und sich entschuldigen sollte, aber ihr Stolz hielt dagegen. Und ihr Stolz gewann!


Annika blickte Peggy überrascht an, als diese vor ihrer Haustür stand, wortwörtlich mit Kind und Kegel. Natürlich freute sie sich, wie man sich immer freut, wenn man die beste Freundin sieht, aber dennoch: sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie jetzt bei ihr aufschlagen würde. Seit Annika in der Ausbilung war, war sie von Zuhause ausgezogen und bewohnte nun eine Zwei-Zimmer-Wohnung am Stadtrand. Klein, aber für sie vollkommen ausreichend und bezahlbar, das war das Wichtigste, denn sie konnte sich eigentlich keine großen Sprünge erlauben.
>>Kann ich reinkommen?<< bat Peggy und noch ehe Annika geantwortet hatte, schob sie sich an ihr vorbei in die Wohnung, was Annika noch mehr verwundern ließ. >>Sicher. << murmelte sie mehr zu sich, als zu Peggy und schloss die Tür. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Freundin völlig aufgelöst zu sein schien, aber sie wollte nicht direkt nachfragen, also tastete sie sich vorsichtiger an die Sache heran, während Peggy Jacke und Schuhe auszog.
>>Wo ist Mark? Du hättest ihn gerne mitbringen
können. << Die Art, wie Peggy ihre Lippen zusammenpresste, bestätigte ihre Vermutung, dass zwischen den beiden irgendetwas vorgefallen sein musste. >>Ach, der spinnt doch!<< murmelte Peggy, während sie Emelie aus dem Kinderwagen hob und sanft in ihre Arme schloss. Eine Weile blickte Annika sie ratlos an, dann lächelte sie und deutete mit einer knappen Geste in Richtung ihres Zimmers, das sie betraten, und Peggy setzte sich auf die Couch, die gegenüber des Bettes an der Wand stand. Sie erkannte sie wieder, die war noch aus Annikas altem Zimmer. Sie hatten ziemlich oft so beieinander gesessen und Mädchengeschichten ausgetauscht. Bei der Erinnerung an diese vergangene Zeit musste Peggy fast lächeln. Ach, damals war alles irgendwie noch so leicht und unbeschwert gewesen.
Annika nahm neben ihr Platz, zog die Beine an und beschloss, nicht nachzufragen. Peggy würde so oder so alles erzählen, da war sie sich sicher, denn sie stand merklich unter Strom. Und sie sollte Recht behalten. Nur wenige Sekunden später platzte all der Ärger aus Peggy heraus und sie berichtete von  dem Streit und von all den *unglaublich idiotischen Dingen*, wie sie es nannte, die Mark ihr vorgeworfen hatte. Und Annika hörte ihr zu, versuchte nachzuvollziehen, worum es ging und wieso Peggy so sauer war, aber irgendwann musste sie sich eingestehen, dass sie auf Marks Seite absolut keine Schuld feststellen konnte. Ihrer Meinung nach hatte Peggy schlicht und einfach überreagiert und sich unfair verhalten, doch konnte sie ihr das so direkt sagen?
>>Was sagst du dazu? Das ist doch einfach unfassbar, oder? Ich hocke den ganzen Tag in der Uni, drehe fast durch wegen all dem Lernstress und wenn ich dann nach Hause komme und wenigstens etwas zu Essen möchte, tickt er sofort aus!<< schloss Peggy und schüttelte den Kopf.
Annika nickte langsam, aber sie wusste, dass sie ihre eigentliche Ansicht kundgeben musste. Und auch wollte! >>Wieso genau hat er denn so gereizt reagiert? Ich meine, es muss ja einen Anlass gegeben haben. << Peggy wandte den Blick ab und zog Emelie die Mütze aus, die sie gegen das kälter werdende Wetter schützen sollte. Auf ihrem kleinen Kopf zeichneten sich helle Härchen ab und für einen Moment stellte Peggy sich vor, wie sie wohl später aussehen würde, wenn sie genau die selben langen blonden Haare haben würde, wie sie.

>>Ich hab ihn halt drauf angesprochen, wieso es bei uns so unordentlich ist. << antwortete sie schließlich und hob die Schultern. >>Und mich etwas geärgert, dass er nichts gekocht hat, das ist alles. <<- >>Das ist alles?<< wiederholte Annika ungläubig. >>Das ist ganz schön viel, weißt du das?<< - >>Ich verstehe nicht, wo sein Problem ist! Er hat früher immer für mich gekocht. Beziehungsweise, für uns. <<- >>Früher! Aber jetzt ist die Kleine da und die macht Arbeit, das weißt du! Ist doch logisch, dass er da keine Zeit mehr zum kochen oder aufräumen hatte. << - >>Bist du jetzt auf seiner Seite, oder was?<< Peggy sah ihre Freundin gereizt an. Sie hatte erwartet, gehofft, Annika würde ihr in allen Punkten recht geben, doch dem war anscheinend nicht so, was ihren Ärgern anheitzte.
Annika schüttelte den Kopf. >>Ich bin auf gar keiner Seite. << erwiderte sie ruhig. >>Ich finde einfach, dass du dich ein bisschen unfair verhalten hast. Sicher, du hattest einen harten Tag, aber Mark auch. Dass du gleich so in die Luft gegangen bist, hätte echt nicht sein müssen. Und wenn du ehrlich zu dir bist, dann weißt du das auch. <<
Peggy schaute sie an und spürte, dass sie recht hatte. Ihre Worte gaben ihr eine neue Sicht auf die Dinge, ließ die Situation von vorhin in einem neuen Licht erscheinen. Und plötzlich sah sie Mark vor sich, wie er den ganzen Tag um Emelie besorgt gewesen war und sich auf den Moment gefreut hatte, an dem sie endlich aus der Uni kommen würde und wie sie diesen Moment dann komplett ruiniert hatte.
Peggy seufzte, schloss die Augen und lehnte den Kopf an die kühle Wand. >>Scheiße!<<   flüsterte sie und Annika musste grinsen. >>So kann man das auch nennen, ja. << - >>Mann, ich wollte das doch gar nicht! Aber ich war einfach so fertig und genervt und ... << - >>Klar, das verstehe ich. Und Mark sicher auch. Du hast überreagiert, ganz einfach!<<
Emelie regte sich in Peggys Armen und die winzigen Augen blinzelten. Annika bemerkte, dass sie schon jetzt eine wunderschöne, zart blaue Farbe besaßen, genau wie die von Peggy! Faszinierend!
>>Hach, die Kleine ist so süß! << seufzte Annika und Peggy lächelte und vergaß für einen Augenblick das schwierige Thema. >>Möchtest du sie nochmal halten?<< bot sie an und Annika nahm Emelie nur allzu gerne ansich. Sie merkte, dass sie schon um einiges schwerer geworden war, seit sie sie das letzte Mal, ein paar Tage nach der Geburt im Arm gehalten hatte.
>>Ich glaube, das fehlt euch. << sagte sie gedankenverloren, und Peggy blickte sie fragend an. >>Was fehlt uns?<< - >>Ein bisschen Unterstützung. Jemanden, bei dem ihr Emelie ab und zu mal lassen könnt, damit ihr wieder zu Kräften und zueinander findet. Ich kann verstehen, dass ihr sie ungern in fremde Hände gebt, aber vielleicht wäre das mal ganz gut für euch. <<

Peggy nickte, sie verstand, was Annika meinte, denn es stimmte: seit ihrer Geburt hatten sie die Kleine keine Sekunde aus den Augen gelassen und waren immer damit beschäftigt gewesen, alles Menschenmögliche für sie zu tun. Das war auch sicher nur allzu menschlich, jede Mutter und jeder Vater würde sich wohl so verhalten. Aber Peggy erkannte nun, dass Mark und sie darüber hinaus sich selbst und ihre Beziehung zueinander total vernachlässigt ha
ten.
Und nun war es eben dieser Streit gewesen, der das Ventil für all das darstellte, was sich angestaut hatte.
Sie seufzte, beugte sich vor und stütze den Kopf in die Hände. Aber bei wem sollten sie Emelie denn schon lassen?  Mit gutem Gewissen. Eine wildfremde Babysitterin, käme niemals in Frage! Und wer war verantwortungsvoll, vertrauensvoll und erfahren genug, dass sie ihr ihr Baby anvertrauen könnten, ohne, dass es dem- oder derjenigen selbst zu viel wurde?

>>Kann ich hier schlafen?<< fragte Peggy, um aus ihren Gedanken heraus zu finden und schaute Annika bittend an. >>Willst du nicht lieber wieder nach Hause?<< fragte diese, doch Peggy zuckte die Schultern. >>Ich glaube nicht, dass das heute noch viel bringen würde. << - >>Okay, wie du meinst. Aber sag Mark wenigstens bescheid. Der stirbt doch tausend Tode, wenn er nicht weiß, wo seine Freundin und seine Tochter abgeblieben sind. << Peggy zog ihr Handy aus dem Seitenfach der Sporttasche, in die sie vorhin die wichtigsten Sachen hineingeworfen hatte, und musste lächeln. >>Meinst du?<< - >>Hundertpro! Er liebt dich über alles, und Emelie auch. Wie oft muss ich dir das eigentlich noch sagen, bist du es weißt!<< Peggy wählte seufzend seine Handynummer.
>>Eigentlich weiß ich es schon längst. << flüsterte sie und lauschte den Freizeichen. Sie wusste nicht, ob er überhaupt rangehen würde, würde ihre Nummer auf dem Display erscheinen, doch da hörte sie schon seine Stimme. >>Hi. << - >>Hi. << krächzte sie, mittlerweile nagte das Schuldgefühl unsäglich an ihr. >>Ich übernachte bei Annika. Ich wollte dir nur bescheid sagen. << Annika selbst machte Anstalten, aufzustehen, um das Zimmer zu verlassen und Peggy so ein bisschen Privatsphäre für dieses Gespräch geben zu können, doch Peggy hielt sie auf, stellte den Lautsprecher des Handys ein und bat stumm, sie möge da bleiben. Sie brauchte ein wenig moralische Unterstützung.
>>Okay. << antwortete Mark lediglich und Peggy hörte, dass er immernoch sauer war. Oder war es Verletzung, die in seiner Stimme lag?
>>Genieß die Nacht heute, in der du Mal wieder Schlaf findest. << sagte Peggy und versuchte, einen Hauch von Humor in ihre Worte zu legen, was ihr nicht so recht gelingen wollte. >>Du meinst also, dass ich ohne euch gut schlafen kann,ja?<< fragte Mark ernst und Peggy biss sich auf die Lippe und schaute Annika an, die bedeutungsvoll zu ihr zurücksah: siehst du? Er kann nicht ohne euch!
Peggy ging nicht weiter darauf ein. >>Morgen Vormittag bin ich wieder zurück. << - >>Alles klar. << Sie wartete, ob er noch etwas sagen, ob noch irgendetwas passieren würde und überlegte, ob sie sich jetzt sofort entschuldigen sollte. Doch sie entschied sich dagegen. Nein, das musste sie definitiv persönlich tun!
>>Gute Nacht. << sagte sie leise und als Mark ihren Wunsch erwiderte, spürte einen kleinen Stich im Herzen. Sonst gab es immer lange Gute-Nacht-Küsse, anstatt von kühlen, halbherzigen Worten. Aber daran war sie wohl selber Schuld. Sie legte auf und kämpfte gegen die Tränen an. Oh, wie sie es hasste, mit dem Mann, den sie liebte, mit dem Mann, der der Vater ihrer wundervollen Tochter war, in Streit zu liegen!

Annika bemerkte, was in ihrer Freundin vorging und streichelte ihr aufmunternd über den Rücken. >>Ich lege mich auf die Couch und du kannst mit Emelie in meinem Bett schlafen, okay?<< Peggy nickte und sah sie ein wenig lächelnd an. >>Ich danke dir!<<


Als Peggy am nächsten Vormittag wieder nach Hause zurückkehrte, bemerkte sie die ungewohnte Stille, die sie empfing. Sie legte ihre Sachen ab und schaute sich um. War Mark überhaupt da? Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es kurz nach 11 war. Um diese Uhrzeit drehte er des Öfteren seine Joggingrunden im Park. Sie schob den Kinderwagen, in dem Emelie friedlich schlummerte, in den Flur und betrat vorsichtig die Küche. Mark saß am Tisch und frühstückte gerade, in der Luft lag der Geruch von frischem Kaffee und die Novembersonne schickte zaghafte Strahlen durch das Fenster, die den Raum in ein sanftes Licht hüllten. Mark sah kaum hoch, als Peggy hereinkam und in der Tür stehen blieb.
>>Hi. << - >>Guten Morgen. << erwiderte sie leise und versuchte, zu lächeln. >>Bin wieder da. << -
>>Schön. << Mark sah sie kurz an und Peggy erkannte die Schatten unter seinen Augen. Er schien nicht gut geschlafen zu haben. >>Wie geht’s Emelie?<< fragte er. >>Gut. << antwortete sie, ging auf den Tisch zu und setzte sich. >>Ja, für ihre Verhältnisse hat sie echt eine ruhige Nacht geboten. << - >>Das freut mich. << erwiderte Mark, doch Peggy spürte, dass sie beide eigentlich nur um den heißen Brei herumredeten. Sie schlichen um das Thema herum, wie ein Kind um die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum, keiner wagte es, die gestrigen Geschehnisse wieder aufzuwärmen und dennoch wussten sie wohl beide, dass es sich nicht vermeiden lassen würde. Und Peggy wusste außerdem, dass es ihre Aufgabe war, den ersten Schritt zu machen. Immerhin war sie diejenige, die sich entschuldigen musste. Aber wie sollte sie die Sache angehen? Mark erschien ihr so verschlossen…sie schloss die Augen und seufzte. Warum hatte sie gestern auch so kindisch sein müssen!

>>Was ist?<< fragte Mark, als er ihre Reaktion bemerkte und schaute sie an. Peggy öffnete die Augen und sah, dass sein Blick ein wenig sanfter geworden war, als eben. Ihr klangen Annikas Worte im Ohr, die ihr sagten, er würde sie lieben, ohne sie tausend Tode sterben … sie schluckte. Warum stritt sie sich denn dann freiwillig mit ihm? Das war doch bescheuert! Völlig destruktiv!
>>Entschuldige bitte. << sagte Peggy leise und mit so viel Aufrichtigkeit in der Stimme, wie sie nur konnte. Er sollte merken, dass sie es wirklich ernst meinte!
Mark schaute sie an, sagte eine Weile gar nichts, schaute nur in diese wunderschönen blauen Augen, die ihn anflehten, er möge ihnen vergeben. Plötzlich erschien ihm das alles gestern ziemlich bedeutungslos. Sie hatte überreagiert, na und? Taten das nicht alle Menschen mal?
>>Es tut mir wirklich leid!<< betonte Peggy noch einmal, stand dann auf und kam auf ihn zu. Er erhob sich ebenfalls, sodass sie einander gegenüber standen. An genau demselben Platz wie gestern Abend, als die Situation eskaliert war. Aber er wusste, dass er ihr eigentlich schon längst verziehen hatte. Er nahm ihre Hand, spürte, wie klamm ihre Finger waren. Hatte sie etwa Angst? Ihre Augen jedenfalls, blickten ihn nach wie vor mit diesem scheuen Ausdruck an, der sein Herz sofort weich werden ließ. Sie wirkte wie ein Kind, das etwas ausgefressen hat…er strich ihr flüchtig über die Wange. >>Ist schon gut. << sagte er und Peggy spürte, wie ihr die Steine vom Herzen fielen. Auf ihrem Gesicht breitete sich langsam ein erleichtertes Lächeln aus, sie streckte sich, näherte ihre Lippen und Mark gewährte ihr den Kuss ohne zu zögern. Es war ein langer Kuss, ein sanfter, aber intensiver. Es war ein Kuss, durch den sich jeder beim anderen entschuldigte, ohne weitere Worte verwenden zu müssen. Mark spürte, wie Peggys Hände innerhalb von Sekunden wärmer geworden waren.
>>Du kannst echt so eine Zicke sein!<< stellte er fest, als sie sich wieder von einander lösten und Peggy senkte kurz und schuldbewusst den Blick. >>Ich weiß. Furchtbar!<< antwortete sie, Mark grinste und schüttelte den Kopf. >>Was mache ich nur mit dir?<< Peggy erwiderte sein Grinsen. >>Du könntest mich nochmal küssen.<< - >>Ja. Könnte ich. << bestätigte Mark und ließ den Worten Taten folgen, ehe er Peggy fest in seine Arme schloss und Peggy fühlte sich so wunderbar, dass sie stumm betete, er möge sie nie wieder loslassen!


Ein paar Stunden später, fand sie sich tatsächlich noch in seinen Armen, allerdings mittlerweile auf der Couch im Wohnzimmer, doch noch immer mit diesem leichten Gefühl im Herzen, das man eben spürte, wenn man sich mit einem geliebten Menschen wieder versöhnt hat.
>>Hat es Annika nicht gestört, dass Emelie nachts immer aufwacht?<< wollte Mark wissen, Peggy schüttelte den Kopf. >>Nein. Und wie gesagt, so oft war das gar nicht der Fall. Ich habe im Vergleich zu den letzten Wochen mal wirklich gut geschlafen. << - >>Ich nicht. << erwiderte Mark mit ernster Stimme und Peggy biss sich auf die Lippe, beschloss aber, nicht weiter darauf einzugehen. Mark richtete sich ein wenig auf, sodass er Peggy ins Gesicht sehen konnte, nahm abermals ihre Hand und Peggy sah ihm an, dass er irgendwie nach den richtigen Worten suchte. Aber weshalb?
>>Mir ist letzte Nacht eine Idee gekommen…<< begann er zaghaft und Peggy schaute auf. >>Eine Idee?<< - >>Ein Einfall, ja. Aber ich weiß nicht, was du davon halten würdest. << - >>Um dir das sagen zu können, müsste ich erstmal wissen, worum es geht. << lächelte Peggy und spürte ihr Herz schneller schlagen. Was würde nun kommen? >>Um Emelie. << sagte Mark. >>Peggy, du weißt, ich liebe sie von ganzem Herzen. Und ich liebe es, mich um sie zu kümmern, oder wenn wir beide das gemeinsam tun.<< Peggy nickte langsam und versuchte, seinen Gedanken zu folgen. >>Das klingt nach einem Aber?!<< vermutete sie. >>Aber was hältst du davon, wenn wir sie mal zu deinen Eltern bringen? Nur für ein Wochenende. Versteh mich nicht falsch, aber vielleicht wäre es gut für uns, wenn wir mal ein bisschen Zeit für uns hätten. << Peggy hatte ihm mit wachsendem Erstaunen zugehört, hatte Annika ihr doch einen ähnlichen Vorschlag gemacht. Das wäre vielleich in der Tat die Lösung! Andererseits: könnte sie das? Ihre süße kleine Emelie abgeben? Für ein ganzes Wochenende? Das wäre, als würde sie ein Teil ihrer selbst hergeben.
Sie schwieg über diese Gedanken, sodass Mark unsicher wurde. >>Es war wirklich nur ein flüchtiger Einfall…<< - >>Nein. Nein, ist schon okay. << unterbrach sie ihn. >>Annika hat mir nämlich gestern Abend dasselbe gesagt. Nur dass sie nicht meine Eltern als Babysitter genannt hat. << - >>Und was sagst du dazu?<< fragte Mark und Peggy zuckte die Schultern. >>Naja, wieso nicht? Viele machen das, dass sie ihr Kind ab und zu zu den Großeltern bringen. <<  Sie seufzte, als sie daran dachte, dass das Verhältnis zu ihrem Vater nach wie vor durch einen Kleinkrieg verkompliziert wurde. >>Allerdings weiß ich nicht, was Mama und Papa davon halten. << - >>Fragen wir sie einfach. Mehr als Nein sagen können sie schließlich nicht. << sagte Mark und Peggy sah ein, dass er Recht hatte. Vielleicht war das wirklich eine gute Lösung, um sowohl in ihrer Beziehung, als auch in der Wohnung mal wieder für Ordnung und Ruhe zu sorgen. Sie lächelte.
>>Okay. Ich rufe sie morgen an. << Sie gab Mark einen flüchtigen Kuss und kuschelte sich dann wieder an ihn. Mehr als Nein sagen können sie nicht, wiederholte sie im Geiste Marks Worte und schloss die Augen.