Die Nachhilfestunde 58: Ruhe nach dem Sturm

Mark hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, dann atmete er tief durch, klappte den Laptop zu, auf dessen Text er sich sowieso keine Minute hatte konzentrieren können und fuhr sich mit den Händen nervös durchs Gesicht. Was war nur zwischen ihm und Peggy passiert, dass es jetzt so gekommen war?! Aber irgendetwas in ihm hatte sich gegen ihren Kuss gewehrt. Er wusste selber nicht, wieso. Es war das erste Mal, dass er solch eine Empfindung verspürt hatte. Aber es war ja auch das erste Mal, dass er und Peggy in solch einen scheinbar unüberwindbaren Disput geraten waren. Sonst hatten sie sich immer wieder zusammengerauft, sich versöhnt, einen Kompromiss gefunden, aber dieses Mal schien es beinahe ausweglos.
Mark vernahm Emelie, wie sie in ihrem Stubenwagen vor sich hin quäkte. Wahrscheinlich war ihr mal wieder langweilig, wollte unterhalten werden. Am liebsten natürlich von beiden, von Papa und Mama. Doch stattdessen fuhr Peggy lieber zu Sina, dieser impertinenten Person, die sich so unmöglich verhalten hatte, in eine Entzugsklinik und wollte ihr zur Seite stehen, als wäre nie etwas passiert, als wären sie die besten Freunde! Mark hatte in den vergangenen Tagen immer mal wieder Telefonate zwischen Peggy und Sina mitbekommen, wie sie plauderten, Erlebnisse austauschten und wie Peggy immer wieder versicherte, dass Sina sich auf sie würde verlassen können. Und Mark hatte zeitweise den Eindruck gehabt, sie würde das nur tun, um ihn zu provozieren … er hob Emelie auf seine Arme und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf. Die Kleine blickte sich suchend um, dann fragend zu Mark, und wieder suchend durch den Raum. Mark lächelte bitter. >>Tja, Mama ist nicht da. Ich weiß, dass dir das nicht passt. Frag mich mal!<<  Er sah auf die Uhr, es war gerade Mittag. Er hatte keine Ahnung, wann Peggy zurückkommen würde, aber eins wusste er sicher: er würde es nicht aushalten, Stunde um Stunde hier zu sitzen und auf sie zu warten.


Wenig später war er auch schon draußen unterwegs. Die frische Luft tat ihm gut und er ging immer weiter, bis in die Stadt hinein, in der ein reges Treiben herrschte. Irgendwann fand er sich vor dem Fitnessstudio wieder, in dem Sascha arbeitete und trat kurz entschlossen ein. Vielleicht hatte er ja ein wenig Zeit zum reden.
Emelie hatte er natürlich mitgenommen. Sie benahm sich mustergültig, lag ruhig im Kinderwagen und schien rundum zufrieden zu sein. Wenn sie nicht gerade Zeter und Mordio schreit, ist sie wirklich ein Vorzeigebaby, dachte Mark, als er neben dem Empfang stehen blieb und hauchte ihr einen kleinen Kuss zu. Emelies Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen, und Mark ging wie so oft das Herz auf. Was hatte er nur für ein Goldstück zur Tochter! Er würde Peggy ewig dankbar sein, für diesen Schatz … Peggy … sein Blick wurde betrübt, als er an sie dachte. Was sie wohl gerade machte? Ob sie mit Sina zusammen saß,
Kaffee trank … ?

Mark bemühte sich, nicht weiter darüber nachzugrübeln und studierte stattdessen die Fotos, die in dem Eingangsbereich gegenüber der Anmeldung an der Wand hingen. Es waren Fotos der Mitarbeiter und Trainer, die hier Kurse leiteten.  Mark entdeckte auch Sascha unter den Bildern und musste grinsen. Das war wohl schon ein paar Jahre alt, jedenfalls sah Sascha da noch sehr jung aus. Es gab Phyisotherapeuten und Tanzlehrer, einen Bodybuilder und Personaltrainer … und sie! Marks Herz setzte einen Schlag aus und er trat näher: Chantal, die ihn von dem Bild aus strahlend anlächelte. Azubi, stand unter ihrem Namen. Klar, sie absolvierte ja nach wie vor die Ausbildung hier! Mark hatte Sascha nie gefragt, wie sie sich so schlug, aber eigentlich interessierte es ihn auch nicht großartig. Es war ja sowieso Peggys Verdienst, dass sie überhaupt hier arbeiten konnte, hatte sie doch ein gutes Wort für Chantal bei Sascha eingelegt. Und das , obwohl Chantal und sie sich eigentlich immer spinnefeind gewesen waren … Mark fühlte sich auf unangenehme Weise an die aktuelle Geschichte mit Sina erinnert und wandte sich ab. Wieso ließ sich Peggy bloß immer wieder auf die falschen Leute ein?!
In diesem Moment trat Chantal aus einer der Türen und wich ein wenig erschrocken zurück, als sie Mark erkannte, der sie nicht weniger überrascht anschaute. Beim besten Willen hatte er nicht damit gerechnet, ihr ausgerechnet jetzt hier über den Weg zu laufen. Innerlich wappnete er sich schon jetzt gegen ihre Allüren. Sie trug Turnschuhe, eine lange Sporthose und das schwarze T-Shirt mit den violetten Blitzen über der Brust, das Mark auch von Sascha kannte. Es war Teil der Arbeitskleidung des Studios. Er musterte Chantal rasch. Eigentlich sah sie ganz manierlich aus.
>>Mark! Was machst du denn hier?<< fing Chantal sich als erste wieder und kam auf ihn zu. Mark konnte sich zwar nicht erinnern, wann und ob er ihr das Du angeboten hatte, beließ es jetzt aber einfach dabei.
Er trat einen Schritt zurück. Chantals Nähe war ihm nach wie vor ein wenig unangenehm. >>Ich warte auf
Sascha. << erklärte er sich knapp, während Chantal sich über Emelie gebeugt hatte und sie verzückt begutachtete. >>Oh mein Gott, ist die süß! Und so groß geworden! Ich hab sie ja erst einmal gesehen … na du? Erkennst du mich noch?<< Doch Emelie sah sie nur mit großen Augen an und rührte sich nicht. Chantal lachte und richtete sich wieder auf. >>Naja, ist ja auch schon lange
her. << Dann wandte sie sich Mark zu, der sie noch immer wachsam beobachtete.  >>Sascha hat gerade einen Kurs. Der dauert noch eine Weile. Aber du kannst bei uns im Aufenthaltsraum warten. << bot sie ihm an und deutete auf einen Raum am anderen Ende des Ganges, in dem sich eine Küchenzeile erahnen ließ. Mark zögerte. Er wusste nicht, ob er darauf eingehen sollte. Eigentlich wollte er sich nicht länger als nötig in Chantals Gegenwart aufhalten, aber vielleicht würde sie sich ja auch gleich wieder verkrümeln … ?
>>Okay, danke. << nickte er schließlich und Chantal lächelte erfreut. Sie führte ihn in den Aufenthaltsraum der Mitarbeiter, in dem es tatsächlich eine kleine Küchenzeile, einen Tisch und ein paar Stühle gab. Die Wände waren mit Trainingsplänen, Postkarten und Postern zugekleistert und der kleine Kühlschrank summte gleichmäßig vor sich hin. Ein fahles Licht fiel von der Lampe an der Decke. Mark sah sich um. Typisch Aufenthaltsraum eben. >>Ja ich weiß, nobel ist etwas anderes. << sagte Chantal, als hätte sie seine Gedanken erraten. >>Aber für unsere Pausen reicht es vollkommen
aus. << Sie bedeutete Mark, Platz zu nehmen und machte sich dann an der Kaffeemaschine zu schaffen. Ein wenig unsicher, ließ Mark sich auf einem der Stühle nieder und wartete ab, wann Chantal ihn endlich alleine lassen würde, doch sie ließ sich alle Zeit der Welt. Vielleicht würde sie die Situation wieder einmal ausnutzen wollen … Mark verdrehte die Augen: bitte nicht! Das war das letzte, wofür er jetzt Nerven hatte! Aber ihm war klar, dass er hier nicht das Recht hatte, sie aus dem Raum zu verweisen.
Er warf einen schnellen Blick auf sein Handy, doch auch wie schon die vielen Male zuvor, als er das getan hatte, war noch immer keine Nachricht von Peggy eingegangen. Und wieder schwappte eine Welle der Enttäuschung durch ihn hindurch. Wieso meldete sie sich denn nicht? Strafte sie ihn jetzt etwa mit konsequenter Missachtung?
>>Peggy ist bestimmt sehr stolz auf Emelie. << hörte er Chantals Stimme wie durch einen Schleier hindurch. Sie drehte sich zu ihm um. >>Nicht wahr?<< -
>>Ja. Sicher. << antwortete Mark und verstaute das Handy wieder in der Tasche. Dann eben nicht! Dann würde er ihr auch nichts schreiben, sicher würde er sowieso nur die traute Zweisamkeit zwischen Peggy und Sina stören ...

>>Wie geht’s ihr eigentlich?<< flötete Chantal da wieder in sein Grübeln hinein und füllte Wasser in die Kaffeemaschine. >>Ich hab ja ewig nichts mehr von ihr gehört. << - >>Ihr geht’s gut. << Mark nahm die Decke aus dem Kinderwagen und legte sie auf den Stuhl, der neben ihm stand. Es war warm genug hier drin, und Emelie dankte es ihm mit einem lebhaften Strampeln ihrer kleinen Beine. Das Wasser begann durch die Maschine zu laufen und schon bald erfüllte Kaffeeduft den Raum. Chantal nahm zwei Tassen aus einem der Schränke und stellte sie auf den Tisch. >>Was wird das denn?<< fragte Mark alarmiert, Chantal lächelte unbekümmert. >>Ich hab jetzt Pause. Wir trinken Kaffee zusammen, was denn sonst?!<< ->>Ich? Mit dir? << ->>Keine Sorge, ich werde dich schon nicht
auffressen. << gab Chantal ein wenig beleidigt zurück, als sie die irritierte Überraschung in seiner Stimme hörte. Anscheinend war er immernoch nachtragend! Und er  wirkte außerdem anders, als sonst. Sie versuchte festzumachen, wie sie zu diesem Eindruck gelangte, sah ihn lange an und zog dann ebenfalls einen Stuhl heran. >>Hast du Stress mit Peggy?<< fragte sie und Mark registrierte ihren ungewohnt sanften, beinahe mitfühlenden Tonfall. Und das irritierte ihn ein wenig. >>Wie kommst du darauf?<< - >>Man sieht es dir irgendwie an. Aber ich kann verstehen, wenn du mit mir darüber nicht reden willst. << Chantal hob die Schultern und wollte sich wieder erheben, als es unvermittelt aus Mark herausbrach. >>Wieso kann sie nicht einmal das machen, worum ich sie bitte? Wieso provoziert sie mich absichtlich mit so einer Scheiße? Sie weiß doch, was ich davon halte! Und sie macht es trotzdem. Ich kapier das einfach nicht… << - >>Wow, okay. Stopp! Ich verstehe kein Wort!<< Chantal hob einhaltend die Hände und wartete ab, bis Mark sich augenscheinlich wieder ein wenig beruhigt hatte. >>Was ist denn vorgefallen?<< harkte sie vorsichtig nach, Mark seufzte, lehnte sich zurück und sah ihn Chantals aufmerksam dreinblickende Augen. Sollte er sich ihr wirklich anvertrauen? Ausgerechnet ihr?


Zwei Stunden später war Mark wieder auf dem Heimweg. Zusammen mit Sascha, der früher Feierabend machen konnte, als erhofft, saß er in dessen Auto und schaute schweigend aus dem Fenster. Peggy hatte noch immer nichts von sich hören lassen, er hatte keine Ahnung, ob sie schon wieder Zuhause war …
>>So, Chantal und du seid jetzt also Freunde, ja?<< scherzte Sascha irgendwann und sah rasch zu Mark herüber. Nach seinem Kurs war er ebenfalls in den Aufenthaltsraum gegangen, hatte Mark und Chantal in einer angeregten Unterhaltung unterbrochen und zog ihn jetzt ständig damit auf. Dieser verdrehte die Augen. >>Nein, sind wir nicht. Ich hab auf dich gewartet und mich halt mit ihr verquatscht, das ist alles. << - >>Worum ging’s?<< - >>Nicht so wichtig. << Marks Stimme wurde leiser, als er an die Unterredung mit Chantal zurückdachte. Noch nie hatte er so lange und so ernsthaft mit ihr gesprochen. Noch nie hatte Chantal so aufgeräumt und vernünftig gewirkt. Der Job im Studio schien sie tatsächlich verändert zu haben, im besten Sinne.
>>Dir geht’s nicht gut, oder?<< Auf Saschas Gesicht zeichnete sich Besorgnis ab. Mark wirkte vollkommen verändert. So kannte er ihn gar nicht. Er schüttelte den Kopf und schluckte schwer, als seine Gedanken erneut zu Peggy wanderten. Diese Funkstille zwischen ihr und ihm machte ihn wahnsinnig! >>Peggy?<< riet Sascha, Marks bedrücktes Schweigen war ihm Antwort genug. >>Willst du drüber reden?<<- >>Hab ich schon. << - >>Mit Chantal?<< Sascha holte tief Luft. Er kämpfte mit sich, ob er darauf eingehen sollte, oder nicht. Mark ging es wirklich nicht gut, das wusste er. Und sicher brachte es ihn beinahe um, dass er und Peggy Streit hatten, aber ob ausgerechnet Chantal die Richtige war, um alles zu besprechen, zweifelte er an.
>>Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee war. << brachte er schließlich hervor, doch Mark antwortete auch darauf  nicht. Stattdessen blickte er weiter stur geradeaus, schmeckte noch immer den Kaffeegeschmack im Mund und spürte abermals dieses seltsame ungute Gefühl in sich, das er aber nicht weiter definieren konnte.
Seine Füße waren schwer wie Blei, als er schließlich wieder Zuhause war. Sascha zog sich mit einem letzten eingehenden Blick in seine Wohnung zurück und konnte nur beten, dass es zwischen Peggy und Mark irgendwie wieder gut werden würde. Es war schrecklich, seinen besten Freund so zu sehen!
>>Peggy, bist du da?<< rief er, doch er bekam keine Antwort, was allerdings nicht zwingend heißen musste, dass Peggy noch unterwegs war. >>Schmollst du noch und sprichst nicht mehr mit mir?<< fügte er hinzu, doch weiterhin blieb es still. Sie war anscheinend tatsächlich noch nicht wieder Zuhause. Mark sah auf die Uhr, es war fast Abend. Hatte sie nicht gesagt, sie wäre in ein paar Stunden sicher wieder zurück? So viel dazu!
Mark hob Emelie aus dem Kinderwagen, badete sie, zog sie um, fütterte sie und legte sie schließlich behutsam in ihr Bettchen. Sie war schon fast eingeschlafen, sicherlich war sie müde von den vielen neuen Eindrücken, die sie heute gewonnen hatte. Die Spieluhr spielte noch ihr leises, sanftes Schlaflied, als Emelies Augen bereits zugefallen waren. Mark betrachtete sie liebevoll. >>Schlaf schön. << flüsterte er, knipste das Licht aus und verließ leise den Raum. Er betrat das Wohnzimmer, schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Programme. Überall lief irgendein anderer Stuss, der ihn nicht die Bohne interessierte. Mark schüttelte verärgert den Kopf. Da gab es heutzutage schon so viele Programme und dennoch kaum etwas Sehenswertes! Irgendwann, als er an einer Vorabendserie hängen geblieben war, kam Peggy durch die Wohnungstür, legte Jacke und Schuhe ab und tippte nebenbei auf ihrem Handy. Von Mark, der sie vom Sofa aus beobachte konnte, schien sie keine Notiz zu nehmen. >>Schön, dass du auch noch nach Hause kommst. << bemerkte er, als es ihm irgendwann zu bunt wurde. Seine Stimme klang härter, als beabsichtigt, doch irgendwie konnte er im Moment nichts dagegen tun. Peggy schaute auf und betrat ebenfalls das Wohnzimmer. Sie wirkte gefasst und ein wenig kühler, als vorhin, das spürte er sofort.
>>Hallo Mark. << begrüßte sie ihn, wandte sich aber schon wieder ab und zog abermals ihr Handy hervor. Lächelnd tippte sie irgendeine Nachricht. Sicherlich an Sina. Es machte Mark wahnsinnig, doch er hielt sich tapfer zurück, ihr nicht auch noch deswegen einen Vorwurf zu machen.
>>Und wie war’s?<< fragte er stattdessen und schaltete den Fernseher wieder aus. Peggy schaute von ihrem Handy auf und sah ihn an. >>Ach, interessiert dich das wirklich?<< - >>Würde ich sonst fragen?<< herrschte Mark sie an. Er hasste es, dass sie so abweisend zu ihm war! Das war sicherlich die Retourkutsche dafür, dass er vorhin ihren Kuss verweigert hatte.
>>Es war gut. << war Peggys Antwort. >>Sehr gut sogar. Sina und ich werden uns jetzt wieder häufiger sehen. Vorausgesetzt natürlich, ich bekomme deine
Erlaubnis. << Sie lächelte süß und wollte sich erneut ihrer Textnachricht widmen, als Mark aufsprang und sie wütend ansah. >>Wieso machst du das?<< - >>Wieso mache ich was?<< - >>Du weißt, was ich meine. Wieso bist du so furchtbar eklig zu mir?<< - >>So bin ich
eben. << - >>Nein, so bist du nicht! Sonst hätte ich mich niemals in dich verlieben können!<< Peggy schluckte. Ihre mühsam aufgestellte Fassade der kühlen Beherrschung begann zu bröckeln.  Aber die Erinnerung daran, dass er sie zurückgewiesen hatte, nur weil sie nicht seiner Meinung war, tat immernoch zu weh!

>>Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich tue oder
lasse. << sagte Peggy so ruhig wie es ihr möglich war. >>Und du kannst mir nicht verbieten, mich mit Sina zu treffen. Und wie du siehst, ist mir nichts passiert. Alles ist gut gegangen, also finde dich endlich damit ab!<< Mark erwiderte ihren kampflustigen Blick. Sie stand merklich unter Strom. Es war, als wenn jedes Wort eine Bombe zum Platzen bringen könnte. Aber hatte er wirklich so überreagiert? War er wirklich so kleinkariert und engte er sie wirklich so ein, wie Peggy es behauptete? >>Tja, anscheinend hatte sie tatsächlich recht. << entfuhr es ihm, noch eher er es hätte verhindern können, Peggy spitzte die Ohren. >>Wer hatte womit recht?<< Mark spürte, wie sein Herz raste, doch er redete sich ein, dass er absolut nichts unrechtes getan hatte und versuchte, seine Stimme unter Kontrolle zu bringen. >>Chantal. Ich hab sie heute getroffen und mit ihr geredet. << Peggy wurde heiß, als sie Chantals Namen hörte. Die! Wieso ausgerechnet die? Wieso hatte Mark mit ihr geredet? Und was noch viel wichtiger war: worüber? Er konnte ihr nicht von all dem erzählt haben, das war unmöglich! Das wäre ein solcher Vertrauensbruch … doch sie musste es wissen.
>>Du hast ihr doch nicht von all dem erzählt?<<  flüsterte sie und als Mark nickte war es ihr, als würde sich der Boden unter ihren Füßen auftun. >>Doch, hab ich. Und sie meinte, vielleicht brauchst du einfach ein bisschen mehr Freiheit. Stimmt ja anscheinend auch. << erzählte Mark, scheinbar vollkommen ungerührt. Doch als er Peggys blasses Gesicht sah, kam es wieder: dieses komische Gefühl, das ihn seit der Unterredung mit Chantal immer wieder beschlich. Und allmählich wusste er, was es bedeutete: ein schlechtes Gewissen.

Peggy sagte nichts, schaute ihn nur an. Lange. Und Mark brauchte all seine Kraft und all seinen Willen, um ihrem Blick standzuhalten. Sie holte tief Luft und er wusste, dass nun ein riesiges Donnerwetter über ihn hereinbrechen würde, doch es kam anders. >>Aber du kannst dich ihr doch nicht so anvertrauen!<< hauchte Peggy, es ging Mark durch und durch. Er hatte damit gerechnet, dass sie vor Wut toben würde, aber das hier war schlimmer! >>Du kannst sie nicht so in unser Leben lassen! Was geht sie es an, was für Beziehungsprobleme wir haben? Mag ja sein, dass sie nicht mehr das Biest ist, das sie mal war, aber du kannst doch nicht vergessen haben, was sie damals alles abgezogen hat. << - >>Nein? Aber du kannst es bei Sina? << gab Mark zurück und spürte, wie die Emotionen in ihm hochkochten. >>Mach dich nicht lächerlich, Peggy! Ich bin dir anscheinend egal, also bist du es mir jetzt auch. << 
Peggy wurde schwindlig, ihre Hautfarbe glich endgültig der einer Wachsfigur. Ihre Lippen zitterten, ihre Augen waren ganz groß, und leer. Mark brach es das Herz, es war ein furchtbarer Anblick! Und nun wurde ihm bewusst, was er da gerade eigentlich gesagt hatte, doch leider konnte man gesprochene Worte nicht wieder zurückholen.

Peggy starrte ihn noch eine Weile an, dann straffte sie die Schultern, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand aus der Wohnung. Mark hatte keine Kraft, sie aufzuhalten. Und einmal mehr hasste er sich, als er in der Ruhe nach dem Sturm zurückblieb.