Die Nachhilfestunde 71: engaged!

 

Mit etwas schweren Beinen trat Annika vor die Wohnungstür und zupfte zum hundertsten Mal an ihrem Outfit herum. Sie war einfach nicht der Typ für enge Röcke, doch heute, das sah sie ein, musste etwas feierlichere Kleidung her, als eine Jeans und Turnschuhe. Gemeinsam mit Timo war sie auf dem Weg zu Peggy, die wohl gerade den lang geplanten Heiratsantrag bekam. Und Sascha hatte sie eingeladen, den beiden Zuhause einen großen Empfang zu bereiten. Wenn alles gut gegangen war jedenfalls. Andererseits, wieso sollte es nicht?! Peggy und Mark waren einfach ein Traumpaar und Annika war sich sicher, dass ihre Freundin keine Sekunde lang zögern, in Tränen ausbrechen und ein überglückliches Ja hauchen würde. So sähe ihre eigene Reaktion jedenfalls aus …
Jetzt saß sie neben Timo im Auto und wusste nicht so recht, was sie fühlen sollte. Glück, na klar. Immerhin war Peggy ihre allerbeste Freundin, und Mark war… ja, was war er für sie? Diese Frage hatte sie nach wie vor noch immer nicht klären können.
>>Ich bin so gespannt, was die beiden erzählen!<< freute sich Timo und bog in eine Seitenstraße ein. >>Und vorallem, wie Mark sie gefragt hat. Oh Gott … << Er unterbrach seinen Redeschwall für einen Moment und warf Annika einen panischen Blick zu.
>>Was ist, wenn das alles nach hinten losgegangen ist und Peggy gar nicht Ja gesagt hat?<< - >>Ich bitte dich!<< Annika verdrehte die Augen und zwang sich zu einer nicht allzu spöttischen Stimme. >>Natürlich hat sie das! Glaub mir, ich kenne Peggy und ihren Fabel für Romantik, und das, was Mark sich da ausgedacht hat, hat sicher voll ins schwarze getroffen. <<
Im Gegensatz zu Timo wusste sie nämlich genau über Marks Pläne für den Antrag Bescheid. In den vergangenen Tagen und Wochen hatte er fast jedes Detail mit ihr abgestimmt um sicher sein zu können, Peggys Geschmack auch ja zu treffen. Annika hatte ihm bereitwillig zur Seite gestanden und sogar die Blumen mit ausgesucht, die auf dem Weg liegen sollten. Bei dem Gedanken daran überkam sie ein leichter Schauer. Es war fast eine Qual gewesen, und gleichzeitig wunderschön. Sie hatte unzählige Nachrichten mit Mark ausgetauscht …
Timo hatte den Wagen geparkt und war bereits an der Haustür, Annika folgte ihm schleichend. Irgendwie hatte sie ein ziemlich flaues Gefühl im Magen und nach Feiern war ihr eigentlich so gar nicht zu Mute. Reiß dich jetzt zusammen, befahl sie sich jedoch energisch und setzte ihr schönstes Lächeln auf, als Sascha die Tür öffnete. Deine beste Freundin verlobt sich und du kriegst deine scheiß Gefühle nicht in den Griff!
>>Kommt rein, die beiden sind noch nicht wieder da. << sagte Sascha aufgeregt, nachdem er und Timo sich flüchtig bekannt gemacht hatten. Mehr Formalitäten waren gar nicht nötig, denn aus Erzählungen von Mark und Peggy kannte Sascha Annikas Freund bereits. >>Aber sie müssten bald auf dem Rückweg sein. Ich dreh bald durch vor Spannung. << - >>Haben sie sich denn noch nicht gemeldet?<< wollte Timo wissen und betrat hinter Sascha das Wohnzimmer, in dem die Sektgläser und eine Champagnerflasche bereits auf ihren Einsatz warteten. Sascha schüttelte den Kopf. >>Nee, ich weiß noch gar nichts. Das ist entweder ein sehr gutes Zeichen, oder aber ein ganz schlechtes. << Annika hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Sie kniete sich nach unten und hob Emelie behutsam auf ihre Arme. Beim Anblick ihrer rosigen Wangen und den hübschen Augen ging ihr das Herz auf. Ein Bilderbuch-Kind!
>>Wahnsinn wie groß sie schon ist. << murmelte sie. >>Und sie wird immer hübscher. << - >>Naja, bei den Eltern… << erwiderte Timo und betrachtete eines der gerahmten Bilder, die gegenüber an der Wand hingen und Peggy und Mark im Close-Up zeigten. Dieses Foto war während eines Paarshootings entstanden, zu dem Peggy Mark irgendwann mal überredet hatte. Annika folgte seinem Blick und schluckte. Darauf sahen die beiden beinah noch besser aus, als im realen Leben. Wie schön konnten Menschen eigentlich sein?!
Sascha sah erneut auf seine Armbanduhr und holte tief Luft. Jetzt konnte es aber wirklich nicht mehr lange dauern. Timo bemerkte seine Reaktion und grinste. >>So nervös? Eigentlich müsste doch eher Mark am Rad drehen, nicht
du. <<- >>Das hat er auch, glaub mir. Als er vorhin in den Park aufbrach war er kaum zurechnungsfähig. Hoffentlich ist alles gut gegangen. Ich glaube noch einmal so eine Abfuhr würde er nicht überleben. << - >>Noch einmal? Wieso?<< Timo sah Annika fragend an, doch die winkte ab. Sie kannte die alte Geschichte von Marks missglücktem Antrag an seine damalige Freundin zwar, doch irgendwie erschien ihr es zu privat, darüber zu plaudern.
Da hörten sie einen Schlüssel in der Haustür und leise Stimmen. Das mussten sie sein! Sascha bedeutete Timo und Annika ein wenig zurück zu treten, er wollte erst einmal die Lage checken und vorfühlen, wie die Stimmung war. >>Peggy? Mark? Seid ihr das?<< rief er, erhielt jedoch keine Antwort. Es war totenstill, doch dann trat Peggy auf ihn zu. Sie schien durcheinander, ihre Augen glänzten noch verweint, sie schwieg.
>>Wo ist Mark?<< brach es aus Sascha heraus, Peggy schniefte und sah zu Boden. Sascha spürte wie sich der Boden unter ihm auftat…oh nein, das durfte nicht wahr sein!
Doch da, ganz langsam hob Peggy ihre Hand und Sascha erkannte ihn: den Ring! Der umwerfend schöne Diamantring, den er bislang nur in der blauen Schatulle gesehen hatte, zierte nun ihren Finger. Auf Peggys Gesicht breitete sich ein übergroßes Strahlen aus, während nun auch Mark ins Wohnzimmer gestürmt kam. >>She said Yes!<< rief er voller Freude und fiel Sascha um den Hals, der in Peggys glückliches Kreischen mit einstimmte!  
Erst nach einer Weile hatte Peggy die beiden anderen bemerkt, die da noch im Raum standen und strahlte noch einmal mehr, als sie ihre beste Freundin und Timo erkannte. >>Was macht ihr denn hier?<< - >>Na euch gratulieren, was sonst?<< grinste Timo und zog sie in seine Arme. >>Meinen Glückwunsch, Peggy!<< Und an Mark gewandt fügte er hinzu. >>Das hast du echt gut gemacht. << - >>Ich weiß. << grinste dieser und gab Peggy einen Kuss auf die Wange. Inzwischen war auch Annika an sie heran getreten und zwang sich zu einem fröhlichen Gesicht, was nicht einmal ganz gelogen war. Sie freute sich tatsächlich und die gute Laune der beiden war einfach ansteckend. Dennoch hatte sie es bis jetzt vermieden, Mark ins Gesicht zu sehen und heftete ihren Blick fest auf Peggy, als sie ihre Hände nahm.
>>Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich wünsche dir einfach nur das allerbeste! << ->>Oh Annika, ich danke dir. << Peggy hielt die Tränen in ihren Augen zurück und lächelte gerührt. >>Es war so ein wunderschöner Antrag! Bei Gelegenheit muss ich dir das alles ganz genau erzählen. << - >>Sie kennt die Details. Immerhin hat sie das Ganze mit organisiert. << erklärte Mark und sah Annika dankbar an. >>Deine Tipps waren
unfehlbar. << - >>Das freut mich. Herzlichen Glückwunsch! <<  Erst jetzt wagte Annika einen Blick zu ihm und schluckte, ehe auch sie Mark umarmte. Vorsichtig, als sei er aus Glas und sorgfältig darauf bedacht, ihm nicht näher als nötig zu kommen und nur so lange zu verharren, wie es für eine Umarmung eben üblich war. Sie fühlte sich beinahe erleichtert, als sie sich wieder losließen.
>>Okay, und jetzt wird gefeiert! << verkündete Sascha und hatte im nächsten Moment schon die Champagnerflasche mit einem lauten Knall geöffnet. Peggy genoss jeden Schluck und hatte das Gefühl, noch nie etwas Besseres getrunken zu haben. Heute schmeckte alles irgendwie besonders gut! Überhaupt fühlte sie sich wie auf Wolken, seit dem Mark ihr den Ring an den Finger gesteckt hatte, was sie dennoch immernoch nicht so recht glauben konnte… verstohlen betrachtete sie ihre Hand, der Stein in der Mitte des Rings glitzerte und funkelte, als wäre er der schönste auf der Welt. Das war er sicherlich auch.
>>Sollen wir ausgehen? << schlug Sascha irgendwann vor. >>Ich meine, dieser große Tag muss doch wirklich gebührend gefeiert werden!<< - >>Super Idee! << Timo war sofort Feuer und Flamme. >>Also wir sind auf jeden Fall dabei. <<
 Er legte seinen Arm um Annika und zog sie ein wenig näher zu sich heran. Sie nickte und nahm schnell noch einen Schluck aus ihrem Glas, um eine ehrliche Antwort zu vermeiden. Sie hatte keine große Lust auf einen endlos langen Partyabend, doch das behielt sie wohlweislich für sich. Alles andere würde nur unweigerliche Erklärungen nach sich ziehen.
>>Eigentlich gern, aber was machen wir mit der Kleinen?<< Mark hob Emelie auf seine Arme, was diese sich glucksend gefallen ließ und mit ihren Eltern um die Wette zu lächeln schien.  >>Sie ist definitiv zu jung für Bars und Clubs. << - >>Ach, wir können es uns doch auch hier gemütlich machen. << sagte Peggy unbekümmert. >>Zu trinken haben wir reichlich und wir könnten kochen, oder was bestellen. << - >>Gute Idee. << Mark küsste sie abermals auf die Wange, die seit seinem Antrag vorhin von einer zarten aufgeregten Röte überzogen waren und Peggys Gesicht noch hübscher machte, als es ohnehin war. Und dieses hübsche Mädchen, das wurde ihm gerade noch einmal richtig bewusst, hatte wirklich Ja zu ihm gesagt!
>>Okay, dann muss ich aber ganz schnell noch duschen und mich umziehen. << Peggy sah an sich herunter, sie trug noch immer die Joggingklamotten und kam sich definitiv zu underdressed vor. Sogar Annika hatte sich heute in Rock und High-Heels hergewagt, also sollte sie wohl schleunigst etwas an ihrem Outfit ändern. Sie drückte Mark ihr Glas in die Hand und schon war sie hinaus gehuscht.

 

 

 

Zum Kochen waren dann aber doch alle ein wenig zu faul. Der Lieferdienst um die Ecke leistete also auch heute wieder großartige Dienste. Peggy beschloss ihre Diätpläne einfach über den Haufen zu werfen, jedenfalls für heute. Denn heute Abend wollte sie es sich einfach so richtig gut gehen lassen und nicht darüber nachdenken, dass die XXL-Familienpizza sicherlich nicht gerade figurförderlich war. Schon gar nicht zu dieser vorgerückten Stunde, denn mittlerweile war es später Abend geworden. Aber das war egal, heute war alles egal. Sie war einfach nur glücklich! Emelie lag inzwischen natürlich längst in den Federn, doch Peggy verspürte nicht den geringsten Anflug von Müdigkeit. Das lag sicherlich auch ein wenig an der Colaflasche, die sie gerade geleert hatte. Sie konnte förmlich spüren, wie das Koffein durch ihr Blut rauschte. Die Männer der Runde hingegen hatte eher dem Alkohol zugesprochen und auch das machte sich deutlich bemerkbar. Amüsiert betrachtete Peggy Sascha, Timo und Mark wie sie sich gerade in irgendeine weltanschauliche Diskussion vertieften und setzte sich neben Annika, die ihr gegenüber auf dem Sofa saß.
>>Ich habe keine Ahnung, über was die da reden, aber ich bin gespannt, wer gewinnt. << sagte sie und Annika grinste. >>Jaja, wenn Männer einen über den Durst trinken … << - >> … entstehen die wildesten Gespräche. << beendete Peggy den Satz und schüttelte lächelnd den Kopf. >>Kann ich dir noch was anbieten?<< ->>Nee, erzähl mir lieber wie das alles gelaufen ist vorhin. << Annika zog die Beine an ihren Körper heran und wirkte gespannt. >>Hat alles geklappt, so wie Mark sich das vorgestellt hat?<< - >>Keine Ahnung, da musst du ihn fragen. << Peggy hob die Schultern. >>Aber ich fand es perfekt. Einfach nur perfekt! Ich hätte gar nichts anders haben wollen. << Versonnen lehnte sie sich zurück und dachte noch einmal an den überwältigenden Moment, als Mark vor ihr auf die Knie gegangen war. Ihr Herz hatte so schnell geschlagen, dass sie glaubte, es würde jeden Moment aus ihr heraus springen und ihre Beine waren weich wie Butter geworden. Es hätte tatsächlich nicht viel gefehlt und sie wäre einfach umgefallen.
>>Mark hatte alles wunderschön
hergerichtet. << erzählte Peggy weiter. >>Überall waren Blumen und Kerzen … und er sah gut aus!<< Sie seufzte und schaute Annika verklärt an. >>Wirklich, er sah sowas von gut aus! Irgendwie hat ihn dieser Moment besonders attraktiv gemacht, verstehst du was ich sagen will?<< Sie grinste. >>Vielleicht ist das ein Trick der Natur, dass Männer noch besser aussehen, wenn sie Heiratsanträge machen, damit die Frauen wirklich Ja
sagen. <<
Annika lächelte zaghaft und ließ ihren Blick unauffällig zu Mark schweifen, der Sascha und Timo inzwischen Handyfotos zeigte und wohl ebenfalls von dem Antragsgeschehen berichtete. Er sollte also noch besser ausgesehen haben als jetzt? Schwer vorstellbar. >>Und hast du damit gerechnet?<< fragte sie schnell und wandte den Blick ab, Peggy verneinte. >>Überhaupt nicht! Ich dachte ja, er ist joggen und ich sollte dazu kommen. Deswegen sah ich ja so aus, wie ich aussah. Eben überhaupt nicht zurecht gemacht. Und dann komme ich an und alles ist wie im Film … << Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie es noch immer nicht fassen. >>Oh man, das klingt alles echt wundervoll. << sagte Annika mit einem Anflug von Neid in ihrer Stimme. >>Hoffentlich passiert mir das auch alles mal genau so. << - >>Soll ich Timo mal ganz subtil ein bisschen auf die Füße treten?<< schlug Peggy grinsend vor. >>Vielleicht zieht er dann nach und es gibt eine Doppelhochzeit. << - >>Ich habs nicht so eilig mit dem Heiraten. << murmelte Annika, doch Peggy hatte sie genau verstanden. Sie sah ihre Freundin lange an und versuchte, mehr aus diesem Satz herauszulesen. >>Ihr seid doch glücklich, oder?<< - >>Ja, sind wir. << nickte Annika, bestens bemüht, Peggys prüfendem Blick stand zu halten. Ob sie einer angehenden Psychologin wohl gut etwas vormachen konnte? Musste sie das überhaupt? Immerhin war sie doch glücklich mit Timo, jedenfalls im Großen und Ganzen. Vielleicht sollte sie das irgendwie untermauern. Sie lächelte.
>>Letztes Wochenende hatten wir zum Beispiel einen richtig tollen Abend!
Wir waren im Kino, danach was essen und dann sind wir zu mir gegangen
und … << - >>Ich verstehe schon. <<
Das beinah verschämte Grinsen ihrer Freundin war Peggy Erklärung genug. Das klang wirklich nach einer gut funktionierenden Beziehung und sie beschloss, es darauf beruhen zu lassen. >>Ich hoffe, Mark und ich kommen da heute auch noch zu. << Sofort wurde es Annika heiß und kalt. Immer wenn Peggy auch nur die geringste Anspielung tätigte, kamen ihr unweigerlich Bilder in den Kopf. Aus den Augenwinkeln konnte sie Mark noch immer sehen … allein die zwei lässig geöffneten Knöpfe seines Hemdes machten sie nervös. >>Sag ruhig bescheid, wenn wir gehen
sollen. << sagte sie schnell, Peggy zwinkerte. >>Alles gut. Die Nacht ist ja noch jung, und wir sind es auch. << Sie senkte die Stimme und beugte sich verschwörerisch lächelnd ein wenig zu Annika hinüber. >>Und Mark und ich haben ständig Sex! Ich kann also
warten. << - >>Na dann... << erwiderte Annika mit brüchiger Stimme und griff schnell nach ihrem Wasserglas. Ständiger Sex und Marks Namen in einem Satz zu hören hatte ihre Kehle staubtrocken werden lassen.

 

 

 

Es war weit nach Mitternacht, als Sascha die dritte Flasche Sekt aufgemacht hatte und sich ein wenig schwankend vom Sofa erhob.
>>So … wer hat nochmal, wer will noch nicht?<< rief er und Peggy musste lachen. Sie hatte Sascha noch nie angetrunken erlebt, aber es war eine ziemlich amüsante Darbietung. Ohne eine Antwort abzuwarten schenkte Sascha in jedes der Gläser einen großen Schluck nach, doch Annika schüttelte den Kopf. >>Lieber nicht, ich glaube ich werde noch Autofahren müssen. << Ihr Blick fiel auf Timo, der definitiv mehr als ein Glas zu viel getrunken hatte und sie dennoch ansah, als hätte er keine Ahnung, worum es ging. >>Ach, ein bisschen was geht immer. << winkte Sascha ab, ehe er auf eine andere Idee kam. >>Oder ihr übernachtet einfach hier! << - >>Spitzen Einfall, ich glaube nämlich, ich werde nie wieder hier aufstehen können. << murmelte Timo und machte mit den Fingern ein Siegeszeichen. Annika schluckte, das war nun wirklich das Letzte, was sie wollte.
>>Ich glaube nicht dass Peggy und Mark ausgerechnet heute Lust auf Übernachtungsbesuch haben. << warf sie rasch ein und schaute ihre Freundin an, die unentschlossen die Schultern hob. Im Grunde hätte sie nichts dagegen, diesen besonderen Abend noch länger und mit ihren Freunden zu genießen, andererseits käme ihr ein wenig Zweisamkeit mit Mark auch nicht gerade ungelegen.
In diesem Moment erhob sich Mark von seinem Platz, trat auf Peggy zu und beugte sich zu ihr hinunter. Er küsste sie, intensiv und so leidenschaftlich, dass Peggy der Atem stockte. Dann sah er zurück zu den anderen, die die Szene verstohlen beobachtet hatten. >>Ihr stört uns nicht, keine Sorge. << versicherte er und Peggy biss sich auf die Lippen, um beim Klang seiner verwaschenen Artikulation nicht laut loszulachen. >>Ihr seid ja quasi fast sowas wie Familie … << - >>Also ihr könnt das jetzt mal in Ruhe ausdiskutieren, ich geh eine rauchen. << Schwankend erhob sich Timo vom Sofa, Sascha mit ihm. >>Ich auch. << - >>Du rauchst doch gar nicht. << Peggy sah ihn belustigt an, das hatte er in seinem angeheiterten Zustand wohl vergessen. Sascha runzelte die Stirn. >>Stimmt. Aber ich muss trotzdem mal an die frische Luft.<< - >>Und ich schaue schnell nach Emelie. << sagte Peggy ein wenig besorgt. >>Ich hoffe, wir sind nicht zu laut und sie kann gut schlafen. <<
Und ehe sie sich versehen konnte, saß Annika mit Mark allein im Wohnzimmer, es war so schnell gegangen, dass sie gar nichts dagegen hatte tun können. Sie spürte wie sie sich verkrampfte und sich über die Haare strich. Ein Automatismus, der sich in all den Jahren irgendwie verselbstständigt hatte.
Ein verunsichertes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie Marks Blick auf sich bemerkte. >>Was ist?<< - >>Danke für deine Hilfe beim Antrag. << - >>Nicht der Rede wert, wirklich. Ich hab ja nicht viel gemacht. <<- >>Du hast mir die ganzen Tipps gegeben. Ohne dich wäre es nicht so perfekt geworden.<< Mark legte den Kopf zur Seite und grinste. >>Du wirst die beste Trauzeugin werden, die Peggy sich wünschen kann. << Annika bekam große Augen und schluckte. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. >>Meinst du, sie fragt mich?<< - >>Klar, wen denn sonst? Du bist ihre beste Freundin! Du bedeutest ihr echt viel, und mir auch. << - >>Ach wirklich?<< Annika schaute auf, direkt in diese tiefen dunklen Augen, von denen sie sich geschworen hatte, sie nie wieder so in Verlegenheit zu bringen. Doch irgendwie war sie einfach machtlos gegen seinen Charme.
>>Emelie pennt wie ein Stein. << verkündete Peggy erleichtert, als sie gerade wieder zurückkehrte. Mark zog sie auf seinen Schoß. >>Sie kommt ja auch nach dir. Du schläfst auch immer wie eine Tote. Und du
schnarchst. << ->>Das tue ich überhaupt nicht!<< empörte sich Peggy und versuchte, sich aus einer Umarmung zu befreien, doch Mark war stärker und hielt sie lachend fest. >>Tust du wohl! Wie ein Sägewerk!<< - >>Hör mal, wenn du weiter so unverschämt bist, überlege ich mir das nochmal mit dem Heiraten!<< grinste Peggy und boxte ihm gegen den Arm, sodass das Glas in seiner Hand überschwappte und sein Hemd benetzte. Peggy kicherte. >>Sorry!<< - >>Alles gut, ist doch nur Wasser. << Er schob Peggy sanft von sich, stand auf und begann die Knöpfe seines Hemdes zu lösen. >>Ich ziehe mich schnell
um. << - >>Ja, aber bitte draußen. << Peggy warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu und schielte zu Annika hinüber, die wie versteinert da saß und kein Wort herausbrachte. Peggy wusste genau, was gerade in ihr vorging, jetzt wo Mark mit halb offenem Hemd vor ihnen stand. Ihr erging es immerhin nicht anders. Und sie wusste auch, dass Mark die kleine Show genoss und obendrein betrunken genug war, um sie fortzusetzen. Zeit, der Sache Einhalt zu gebieten! Doch Mark grinste nur und blieb demonstrativ stehen. >>Bitte!<< wiederholte Peggy nachdrücklich und hoffte, ihrer Stimme genug Ernsthaftigkeit verliehen zu haben. Hatte sie, denn Mark wandte sich ab und schlenderte aus dem Raum. >>Spießerin!<< hörte Peggy ihn noch rufen, ehe er am Ende des Flures im Schlafzimmer verschwand. Peggy atmete tief durch und blickte abermals zu Annika hinüber.
>>Tut mir leid. Eigentlich weiß er, was sich gehört und was nicht. << - >>War doch nur Spaß!<< lächelte Annika und leerte ihr Glas in einem Zug. So würde es ihr nie gelingen, endgültig von Mark loszukommen.

 

 

 

Und so war sie ziemlich erleichtert, als sie und Timo sich irgendwann doch auf dem Weg nach Hause machten. Die glorreiche Übernachtungsidee hatte zum Glück niemand mehr weiterverfolgt. Sie hatten noch lange zusammengesessen, über alles Mögliche geplaudert, Musik gehört und Annika musste zugeben, dass sie sich mehr als wohl gefühlt hatte! Es war einfach wunderbar, so gute Freunde zu haben, auch wenn ihr das Gefühlschaos um Mark immer wieder in die Quere kam. Sie hatte zwischen ihm und Timo gesessen, wortwörtlich zwischen Baum und Borke, und das hatte sich sehr seltsam angefühlt. Deswegen war sie nicht unglücklich gewesen, als sie aufgebrochen waren.
Ohne es zu wissen erging es Peggy ähnlich. Der Abend war wunderbar gewesen, so lustig und kurzweilig, und doch war sie dankbar, nun endlich mit Mark alleine zu sein! Sascha hatte sich ebenfalls nach oben verabschiedet, es war tiefste Nacht und sie räumte gerade notdürftig das gröbste Chaos zusammen, das sich im Wohnzimmer ausgebreitet hatte. Die große Aufräumaktion würde sie lieber auf später verschieben.
>>Lass, das können wir doch morgen machen. << war auch Mark der Ansicht, Peggy grinste. Er lag mehr auf der Couch, als dass er saß. Es war nicht zu übersehen, dass der Rausch nachließ und sich bald gegen eine gewisse Lethargie eintauschen würde.
Sie setzte sich neben ihn und schmiegte sich an seine Brust. >>Du hast ja recht. Ich bin auch müde, lass uns schlafen gehen. <<- >>Schlafen?<< Mark richtete sich auf und sah auf sie herab. >>Den Schlaf kannst du knicken! Wir werden Sex haben, die ganze Nacht!<< - >>Soso. << erwiderte Peggy amüsiert und ließ ihren Blick an ihm schweifen. >>Schaffst du das denn noch?<< - >>Frechheit! << Er drückte ihr einen langen Kuss auf die Lippen, dann sah er sie abermals an und ließ seinen Kopf auf sie fallen. Scheinbar war er doch erschöpfter, als bisher gedacht. Peggy lachte und strich durch seine Haare. >>Los, ich bringe Sie ins Bett, Mr. Superlover. <<

Schon wollte sie aufstehen, da hielt sie noch einmal inne. Wer sagte eigentlich, dass sie aufstehen mussten? Vielleicht sollte sie einfach hier liegen bleiben, eine Decke über sie breiten, die Augen schließen und einfach diesen ganzen wunderbaren Momenten des heutigen Tages nachspüren. Vorsichtig löste sich Peggy von Mark, der mittlerweile tatsächlich eingeschlafen war. Sie stand auf und löschte schnell das Licht, ehe sie die große Kuscheldecke ausbreitete und sich wieder neben ihn legte. Neben Mark, ihren Freund, ihren Verlobten! Bei dem Gedanken musste sie lächeln und strich behutsam über den Ring an ihrem Finger. Sie war verlobt, mit diesem unverschämt gut aussehenden Typen, der mit leicht geöffneten Lippen neben ihr lag und tief und gleichmäßig atmete.
>>Ich liebe dich!<< hauchte sie, ehe sie ebenfalls die Müdigkeit übermannte und ihre Augen zufallen ließ
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