Die Nachhilfestunde 77: Liebe des Lebens

Hektisch sprang Sascha die Treppe hinunter und klopfte an Peggys und Marks Wohnungstür. Er musste wissen, ob Peggy auch das gesehen hatte, was er gesehen hatte. Ob es wirklich wahr sein konnte, ob das ganz nicht nur ein übler Traum war.
Überraschenderweise war es jedoch Annika, die ihm die Tür öffnete und ihn erleichtert ansah. >>Gott sei Dank, ich wollte gerade zu dir. << - >>Habt ihr’s gesehen?<< - >>Ja. Und Peggy ist total fertig. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. << Schnell trat Sascha ein und begab sich direkt ins Wohnzimmer. Dort fand er Peggy, auf dem Boden hockend, leichenblass und völlig neben sich. Sofort kniete er sich zu ihr hinunter und zog sie in seine Arme. >>Hey. Hey, Peggy. Hör mir zu! Du musst mir zuhören, okay?<< Er zwang sie ihn anzusehen, doch Peggys Augen waren nur ein blauer See aus Tränen. Sie zitterte am ganzen Körper und brachte keinen Ton heraus. Sascha nahm ihre Hände, während er eindringlich auf sie einredete. >>Es ist nicht gesagt, dass er da drin saß!  Es kann auch eine ganz andere Gruppe gewesen sein. Bitte mach dich nicht verrückt. << - >>Aber ich erreiche ihn nicht. << flüsterte Peggy mit brüchiger Stimme und Sascha hatte Mühe, sie zu verstehen. >>Die Nachricht…das Foto …<< - >>Wir wollten ihm ein Foto schicken und das kam nicht an. << ergänzte Annika leise den stotternden Bericht ihrer Freundin und kam sich irgendwie dämlich vor, wie sie da so im Raum stand. Langsam ließ auch sie sich auf die Knie sinken und legte Peggy den Arm um die Schultern. Sie hatte keine Ahnung, was sie sonst tun sollte. Auch sie war seit der Nachricht im Fernsehen vollkommen geschockt, doch noch versuchte sie sich einzureden, dass alles ganz anders war, als es den Anschein hatte. >>Das heißt nichts. Vielleicht ist dein Handy kaputt, Peggy. Oder irgendeine Verbindung gestört…<< Er zog seinerseits das Handy aus seiner Tasche und wählte Marks Nummer. Es musste eine ganz logische Erklärung für all das geben. Angespannt lauschte er dem Freizeichen und Peggys hoffender, wartender, betender Blick ging ihm direkt ins Herz. Doch mit jeder Sekunde, die verstrich wurden ihre Augen betrübter, bis er schließlich langsam das Handy sinken ließ und auflegte. Peggy brach erneut in Tränen aus. Verzweifelt schlug sie sich die Hand vor den Mund und nun konnte auch Annika ihre Emotionen nicht länger zurückhalten. Sie schluchzte und sah Sascha hilflos an, doch der schaute ebenso hilflos zu ihr zurück. Es gab nichts, was er tun konnte.
Der Fernseher lief die ganze Nacht, doch es wurden keine weiteren Berichte oder Informationen gesendet. Offenbar hielt man es nicht für wichtig genug, um noch mehr Sendezeit damit zu füllen. Stattdessen schallte die Musik von Dirty Dancing durch den Raum, bis Annika es irgendwann nicht mehr aushielt und die Stummtaste drückte. Sie war heilfroh darüber, dass Sascha bei ihnen geblieben war! Sie hätte irgendwie Angst gehabt, jetzt alleine mit Peggy zu sein, denn die war nach wie vor neben der Spur. Die meiste Zeit schwieg sie, dann brachen die Tränen aus ihr heraus und dann wurde sie wieder still. Sascha hielt sie fest, stützte sie und legte ihr mehrere Decken um den Körper, um sie wenigstens ein bisschen gegen die Kälte zu schützen, die sich im ganzen Raum auszubreiten schien.
>>Vielleicht ist ja doch alles ganz anders. << gab Annika wiederholt zu bedenken und wusste nicht, ob sie damit Peggy beruhigen wollte, oder sich selbst. >>Wir wissen immernoch nicht, ob das wirklich Marks Gruppe war. << - >>Im Internet steht auch nichts. << Ärgerlich schmiss Sascha sein Handy aufs Sofa und fuhr sich durchs Gesicht. Die Situation war kaum auszuhalten! Sie konnten nichts anderes tun, als auf irgendetwas zu warten. Worauf und wie lange, das wusste niemand. >>Soll ich uns vielleicht einen Tee machen?<< schlug Annika vorsichtig vor, Peggy antwortete nicht. Sie starrte nur mit leerem Blick vor sich hin und fühlte sich vollkommen bewegungsunfähig. >>Ja, bitte. << nickte Sascha und Annika erhob sich schwerfällig. Ihre Beine waren von der zusammen gekauerten Position schon ganz taub geworden, doch das war ihr egal. Irgendwie passte dieses Gefühl zum Rest ihres Körpers.
Sie schlurfte in die Küche, setzte den Wasserkocher auf und angelte drei Tassen aus dem Schrank. Erst jetzt bemerkte sie wie sehr ihre Hände zitterten, als die Tassen aneinander klapperten. Unsicher stellte sie sie auf der Arbeitsplatte ab. Sie hatte zwei weiße und eine blaue Tasse herausgefischt. Auf der blauen war oben, ganz klein ein Name eingraviert. Mark.
Annika schluckte schwer und spürte schon wieder die Tränen in den Augen brennen. Vorsichtig berührte sie den Schriftzug mit ihrem Finger und versuchte zitternd Luft zu holen. >>Bitte nicht… << hauchte sie, eine Träne floss über ihre Wange und tropfte auf ihre Hand. >>Bitte, lieber Gott. Bitte nicht er!<<
Als sie mit einem Tablett und dem Tee zurückgekehrt war, hatte Sascha Peggy gerade vorsichtig auf das Sofa gebettet. Sie war vor lauter Erschöpfung einfach eingeschlafen und Sascha saß neben ihr und hielt noch immer ihre Hand fest, die sich verängstigt an ihn klammerte. Annika stellte das Tablett auf dem Tisch ab, eine Weile saßen sie so da, nippten an dem heißen Tee und schwiegen. Draußen war es noch finster, doch es würde nicht mehr lange dauern, bis die Dämmerung einbrechen und ein neuer Tag beginnen würde. Es fehlte nur noch die melancholische Musik und die traurige Filmszene wäre perfekt gewesen!
>>Glaubst du wirklich, dass Mark was passiert ist?<< fragte Annika leise, Sascha hob die Schultern. >>Keine Ahnung. Momentan weiß ich überhaupt nicht, was ich denken soll. << Annika blickte auf ihre Freundin herab und bemerkte die unruhig flatternden Augenlider. Irgendein böser Traum schien sie gerade zu quälen.
>>Peggy würde das nicht überleben. << wisperte sie. >>Er ist ihr ein und alles! Die beiden wollten doch heiraten … << Ihre Stimme brach und sie senkte schluchzend den Kopf. Es war so ein unvorstellbarer Gedanke! Langsam befreite sich Sascha von Peggys Hand und hockte sich neben Annika. Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Er wusste, dass er irgendwie versuchen musste, stark zu sein und ihr etwas Halt zu geben, auch wenn ihm das gerade mehr als schwer fiel, denn die Angst und die Sorge um seinen besten Freund wuchs mit jeder Stunde, die ereignislos verstrich. >>Du hast Mark sehr gern, oder?<< stellte er fest, als er Annika wieder losließ, sie nickte. >>Ja. Schon immer. << Aus ihren Worten hörte er deutlich heraus, dass es um mehr als bloße Sympathie ging. Er hatte schon oft das Gefühl gehabt, dass Annika Mark nicht nur als Freund ins Herz geschlossen hatte und dass sie seine Gegenwart oftmals ganz schön aus der Bahn warf. Sascha schluckte. Er würde alles dafür tun, damit Mark jetzt einfach durch die Tür treten und alles als großes Missverständnis enttarnen würde. Jedoch erschien das genauso unwahrscheinlich, wie die Tatsache, dass er niemals wieder nach Hause kommen würde.
Da plötzlich, wie aus dem Nichts durchbrach Peggys Handyklingeln die Stille. Doch sie rührte sich nicht, schien es in ihrem Dämmerzustand einfach zu überhören. Sascha beugte sich hinüber und griff nach dem Handy. Er nahm sich fest vor, den Anrufer sofort abzuwimmeln, wer auch immer das sein würde. Die Leitung musste frei bleiben! >>Hallo?<< - >>Sascha? Ich bin’s. << Sascha fiel die Kinnlade hinunter, als er die Stimme erkannte! Er riss die Augen auf, starrte Annika an, die ebenso zu ihm zurück starrte und angespannt darauf wartete, was passieren würde. >>Mark!<< brach es aus Sascha heraus und Annika schlug sich die Hände vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien.
>>Oh Gott! Bist du es wirklich?<<  - >>Ja, ich bin’s wirklich. << erwiderte Mark amüsiert, offenbar hatte er überhaupt keine Vorstellung davon, was Zuhause gerade los war. >>Alles klar bei dir? Wieso hast du Peggys Handy? Wo ist sie?<< Sascha brauchte einen Moment um seine Gedanken zu ordnen. Er war so erleichtert und dankbar, dass ihm das Sprechen schwer fiel.

Annika war inzwischen zu Peggy hinüber gerutscht und rüttelte sanft an ihrer Schulter. >>Peggy! Wach auf! << Sie strich ihr über den Kopf, als ihre Freundin aufschreckte. Sie war tatsächlich eingeschlafen? Das durfte nicht wahr sein! >>Was ist los? Gibt’s was
neues? << rief sie panisch, doch ehe sie eine Antwort bekam, streckte Sascha ihr mit ausdrucksloser Mine ihr Handy entgegen. Sie nahm es so langsam an sich, als sei es glühend heiß. Mit pochendem Herzen wappnete sie ich für die schlimmste Nachricht ihres Lebens.

>>Hi Baby! << Zwei Worte. Zwei kleine Worte, die sie beinahe in Ohnmacht fallen ließen! Peggy erschrak zu Tode und konnte zunächst nicht glauben, wen sie da gerade gehört hatte.
>>Peggy, bist du das? Sagt mal, ist alles ok bei euch?<< klang Marks Stimme nun eine Spur alarmierter, als er nur eine lange Stille vernommen hatte. >>Mark … du lebst?!<< brachte Peggy mit brüchiger Stimme hervor und spürte, wie sich dieses flaue Gefühl in ihrem Magen ausbreitete. >>Natürlich. Sollte ich nicht?<< Seine lockere, beinahe spottende Art war zu viel! Peggy ließ das Handy fallen, brach in sich zusammen und ließ abermals ihren Tränen freien Lauf. Annika zog sie in eine Umarmung, ließ sie weinen, weinte mit ihr und versuchte, das scheinbar unkontrollierte Zittern ihres Körpers zu beruhigen.
Sascha nahm das Handy wieder ansich und entfernte sich einige Schritte. >>Ich bin’s
nochmal. << - >>Okay, was um Himmels Willen geht da bei euch ab?<< wollte Mark wissen. Sascha atmete tief durch und sah aus dem Fenster. Inzwischen dämmerte es tatsächlich, das erste Morgenlicht brach zaghaft durch die Wolkendecke. Noch immer hörte er die beiden Mädchen weinen … wie sollte er Mark erklären, was sie in den letzten Stunden ausgestanden hatten?!

Es brauchte lange bis alle Sorgen und Ängste einigermaßen zerstreut waren! Sascha hatte Mark über die Fernsehberichte des Unfalls aufgeklärt und darüber, wie sehr sich alle erschrocken hatten, weil sie befürchteten, er könne darin verwickelt gewesen sein. Marks Bus jedoch war schlicht und einfach in einen riesigen Stau geraten. Der Busfahrer hatte sich irgendwann für eine Umleitung entschieden, doch auch die war völlig überlastet gewesen. Schließlich hatten sie in irgendeinem Motel kurz hinter der Grenze einchecken müssen und zu allem Überfluss hatte natürlich auch Marks Handyakku den Geist aufgegeben!
>>Ich wollte sofort ein anderes Handy benutzen und Bescheid sagen, aber es war so ein heilloses Chaos!<< erzählte Mark und die drei hörten genau zu, denn inzwischen lief das Gespräch über Lautsprecher. >>Die Angestellten hier können weder Deutsch noch richtig Englisch und mein Kollege und ich hatten alle Hände voll zu tun, alles zu klären und den Kurs einigermaßen in Schach zu halten. Und es hat alles einfach Ewigkeiten gedauert!<< - >>Oh man, das klingt echt übel. << sagte Sascha und auch Annika nickte mitfühlend. Sie wünschte sich, Mark würde ewig weitererzählen, nur damit seine Stimme nicht verklang! Die pure Angst die sie zuvor noch gespürt hatte, wich mehr und mehr einer riesigen Erleichterung und sie konnte schon wieder etwas lächeln. >>Hauptsache, dir ist nichts passiert. << rief sie in das Telefon, Mark seufzte. >>Nein, keine Sorge! Aber es tut mir wahnsinnig leid, was ihr durchmachen musstet. << Annika blickte zu Peggy. Noch immer war sie merkwürdig still, hatte die Knie dicht an ihren Körper gezogen und umklammerte sie mit ihren Armen. Sie sah unendlich verletzlich aus und Annika überkam ein großes Mitgefühl!
>>Peggy, kann ich mit dir reden?<< fragte Mark sanft. Sascha stellte den Lautsprecher ab und reichte ihr das Handy. Es war mehr als Zeit, den beiden ein paar private Momente zu gönnen und so bedeutete er Annika, ihn aus dem Zimmer zu begleiten. Sie nickte und erhob sich. Sie hatte sofort verstanden.
>>Hi. << murmelte Peggy mit belegter Stimme, als sie schließlich alleine war.
>>Hi. << erwiderte Mark und Peggy schloss die Augen. Es tat so gut ihn zu hören und gleichzeitig so weh! Der Schmerz und die Angst hielten sie noch immer fest in ihrem eisigen Griff.
>>Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Tut mir leid. << - >>Schon gut. << Der Kloß in ihrem Hals breitete sich mehr und mehr aus, gleich würde ihre Stimme versagen. >>Nein, es ist nicht gut. << wandte Mark ein. >>Am liebsten würde ich sofort nach Hause fahren und dich in den Arm nehmen. << Peggy wagte gar nicht erst, sich das vorzustellen. >>Du bist unversehrt, das ist das Wichtigste. << - >>Wie geht’s dir denn jetzt? << wollte er wissen. >>Warst du die ganze Nacht wach?<< Peggy fasste nun ihrerseits kurz die Ereignisse der letzten Stunden zusammen und spürte, wie Mark immer betroffener wurde. >>Ich hab solche Angst um dich gehabt. << flüsterte sie und presste erneut die Hand vor den Mund. 
>>Oh Schatz… << Er klang so sanft und zärtlich, dass Peggy sofort wieder hätte losheulen können, doch es ging nicht. Sie hatte keine Tränen mehr. Sie war einfach müde, leer und mit den Nerven am Ende.
>>Versuch noch ein bisschen zu schlafen, ja?<< bat Mark sie. >> Sascha und Annika sollen bei dir bleiben. Ich will nicht, dass du alleine bist!<< - >>Ich werde sie fragen. << versprach Peggy leise. >>Wann fahrt ihr weiter?<< - >>In ein paar Stunden. Und dann sind wir auch bald da. Ich schreibe dir
sofort! << Peggy versuchte zu lächeln, doch das gelang ihr nicht. Die Vorstellung, Mark würde schon bald wieder in einem Reisebus sitzen und auf Tour sein war ziemlich unangenehm, doch sie begriff, dass sie nichts dagegen unternehmen konnte.
>>Pass auf dich auf!<< flüsterte sie eindringlich. >>Mach ich! Du auch!<< - >>Ich liebe dich!<< - >>Ich liebe dich auch, Baby! Bis bald. << Peggy drückte einen innigen Kuss in das Mikrofon. Ihre Finger waren bleischwer, als sie schließlich auflegte. Erschöpft ließ sie sich in die Kissen zurück sinken und starrte benommen zur Decke. Ihre stundenlangen Gebete von vorhin waren erhört worden. Mark ging es gut! Er war wohlauf! Das Ganze war ein einziges Missverständnis gewesen! Aber sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor in ihrem Leben solch unfassbare Angst gehabt zu haben!
Peggy musste sie gar nicht erst bitten, weder Sascha noch Annika wollten jetzt alleine sein und so blieben alle beieinander. Jeder hatte sich in eine Ecke des Sofas gekuschelt und die beiden dämmerten schon bald weg, Peggy jedoch lag wach. Es war unmöglich nochmal einzuschlafen. Sie war viel zu aufgewühlt! Mittlerweile war es früher Morgen, ein paar Vögel waren schon zu hören und es wurde immer heller. Prüfungen hin oder her, zur Uni würde sie heute definitiv nicht gehen, soviel stand fest. Und auch Emelie würde sie nur ungern in die Kita bringen. Irgendwie hatte sie das Bedürfnis, so viele vertraute Menschen wie möglich in ihrer Nähe zu haben. Sie richtete sich ein Stück auf und betrachtete die Schlafenden. Ihr wurde bewusst, was für gute Freunde sie da eigentlich hatte. Keiner hatte auch nur eine Minute daran gedacht, ihre Angst nicht ernst zu nehmen oder sie als hysterisch abzustempeln. Sie hatten es gemeinsam mit ihr durchgestanden und ihr wahrscheinlich erst die Kraft dazu gegeben, obwohl sie sicher selber tausend Tode gestorben waren. Peggys Blick fiel auf Annika. Wie es ihr wohl ergangen sein musste? Immerhin war Mark mehr für sie als nur ein Kumpel. Ja, auch für sie musste es entsetzlich gewesen sein nicht zu wissen, ob sie ihn jemals wiedersehen würde.
Leise stand sie auf und schlich in Emelies Zimmer. Die Kleine lag kuschelig eingerollt in ihrer Bettdecke und schlief tief und fest. Sie schien von all dem Drama nicht das geringste mitbekommen zu haben, was Peggy sehr erleichterte. Es war besser, wenn sie glaubte, dass alles in Ordnung war. Und das war es ja jetzt auch wieder. Fast. Denn tief in ihr spürte Peggy noch immer diese unbändige Angst, die ihr vorhin fast die Luft zum Atmen genommen hatte. Kurz entschlossen nahm sie erneut ihr Handy zur Hand. Auch ihr Akku zeigte schon ein rotes Ausrufezeichen. Sie musste es auf jeden Fall aufladen, um erreichbar zu bleiben. Doch vorher schrieb sie Mark noch schnell eine Nachricht, die ihr zumindest etwas Last von der Seele nahm:

*ich hätte nicht gewusst, was ich ohne dich getan hätte! ich brauche dich mehr als alles andere auf der Welt! Love of my life!*

Und es dauerte keine Minute, bis eine Antwort eintrudelte.

*Wenn ich wieder da bin werde ich dich in den Arm nehmen und nie wieder loslassen! Wife of my life!*

Und nun gelang es Peggy: das erste zaghafte Lächeln nach langen, dunklen Stunden!

 

Aus einem unruhigen Schlaf aufgeschreckt setzte Sascha sich auf und brauchte eine Weile, um sich orientieren zu können. Erst nach und nach kamen ihm die Bilder der gestrigen Nacht wieder in den Sinn. Es war real, kein Alptraum gewesen … ihm gegenüber räkelte sich Annika, auch sie wurde langsam wach. Müde fuhr er sich durch das Gesicht und gähnte. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Jegliches Zeitgefühl war dahin.
>>Oh man, hab ich scheiße geschlafen. << murmelte Annika benommen und richtete sich ebenfalls auf. Ihre Haare lagen kreuz und quer und auf ihrer Wange prangte ein kleiner roter Abdruck des Kissens. Sascha grinste verstohlen und versuchte, nicht darauf zu achten.
>>Ich auch. Aber nach all dem ist das kein Wunder. << - >>Wo ist Peggy?<< - >>So wie das klingt in der Küche. Komm, wir sehen mal nach. << Annika rappelte sich auf, legte flüchtig die Decke zusammen und folgte Sascha in die Küche, wo Peggy tatsächlich damit beschäftigt war, den Frühstückstisch zu decken. Sie lächelte als sie die zwei erkannte. >>Kaffee ist gleich fertig. << Sascha blieb an der Küchenzeile stehen und sah sie ein wenig besorgt an. Sie war noch immer leuchtend blass und unter ihren Augen lagen tiefe Ringe. Es war ganz offensichtlich, dass sie keinen Schlaf mehr bekommen hatte. Und genauso offensichtlich war ihr Aktionismus, mit dem sie sich vermutlich von dem Schrecken der letzten Nacht ablenken wollte. >>Hast du überhaupt nicht mehr geschlafen?<< sprach Annika seine Gedanken aus und trat ebenfalls näher. Peggy atmete tief durch und schüttelte den Kopf, auf den Lippen noch immer das eiserne Lächeln. >>Aber das macht nichts. Ich bin nicht müde. << Annika wusste sofort, dass das gelogen war. So wie sie aussah drohte sie jeden Moment einfach umzufallen. >>Möchtet ihr was essen?<< wich Peggy rasch den sorgenvollen Blicken aus und wandte sich ab. Sie durchsuchte den Kühlschrank nach Brot und Aufstrich und ignorierte so gut es ging das Karussell in ihrem Kopf und Magen. Doch als sie sich wieder aufrichtete war es als würde ein Blitz durch ihren Körper fahren. Sie strauchelte und konnte nur im letzten Moment von Sascha daran gehindert werden, zu Boden zu stürzen. >>Okay, das reicht. Ab ins Bett mir dir, sofort!<< - >>Nein, mir geht’s gut.
Wirklich. << - >>Peggy, rede keinen
Unsinn. << Auch Annika sah ihre Freundin sorgenvoll an. >>Du brauchst dringend ne Mütze Schlaf! << - >>Emelie wird sicher bald wach und … << - >>Wir machen das schon. Du legst dich jetzt hin, keine Widerrede.<< Sascha schob sie unter noch immer leisem Protest ins Schlafzimmer, zog ihr nur schnell die Strickjacke aus, die sie sich gestern Nacht
irgendwann umgewickelt hatte und legte sie sonst so wie sie war ins Bett. >>Mark bringt mich um wenn er erfährt, dass ich mich nicht um dich gekümmert habe. << murmelte er, während er sie zudeckte, doch das hörte Peggy kaum noch. Ihre Augen waren so schwer und im nächsten Moment war sie schon eingeschlafen.
Und sie schlief fest, beinah den ganzen Tag. Erst gegen Abend erwachte sie langsam und streckte sich ein wenig. Wie lange war sie weg gewesen? Sie wusste es nicht, aber es hatte gut getan. Sie fühlte sich wesentlich besser als heute Morgen. Da erklang ein zaghaftes Klopfen an der Zimmertür. Sascha trat vorsichtig ein und lächelte, als er sah, dass sie wach war. >>Ich wollte mal schauen, ob du noch lebst. Du kannst ja schlafen wie eine Tote. << - >>Das sagt Mark auch immer. << erwiderte Peggy und sofort durchfuhr sie ein kleiner Schreck. >>Keine Sorge, ihm geht’s gut. << erriet Sascha ihre Gedanken und setzte sich an die Bettkante. >>Ich hab eben mit ihm gesprochen und ihm gesagt, dass du schläfst. Er ist heile angekommen!<< Erleichtert lehnte Peggy sich in ihr Kissen zurück. Er war angekommen. Gott sei Dank! Dann sah sie Sascha fragend an. >>Was machst du noch hier? Ist Annika auch noch da?<< - >>Nein, die hab ich irgendwann nach Hause gebracht. Immerhin hat sie auch ne Menge mitgemacht. Ich bin geblieben und hab mich um eure kleine Kröte gekümmert. << Er verzog ein wenig das Gesicht. >>Hoffentlich ist sie bei euch genauso renitent und es liegt nicht an mir. << Peggy musste lachen und Sascha war sehr erleichtert, das zu hören. Ein kleines Zeichen dafür, dass es ihr allmählich wieder besser ging. >>Keine Sorge, sie testet zurzeit bei jedem ihre Grenzen aus. << Dankbar legte sie ihre Hand auf Saschas Knie.
>>Wie kann ich das wieder gut machen?<< - >>Musst du nicht. War doch
selbstverständlich. << Er strich ihr mit einer liebevollen Geste über die Wange, die letzten Tränenspuren waren mittlerweile verwischt und die schockierende Blässe von vorhin war wieder einem einigermaßen lebendigen Hautton gewichen. >>Kann ich dich jetzt alleine lassen?<< - >>Ja, natürlich! Vielen Dank!<< Peggy drückte Sascha fest an sich. Was hätte sie nur ohne ihn getan? >>Keine Ursache. Und wenn du noch was brauchst, du weißt ja, wo du mich findest. << lächelte Sascha, Peggy nickte. Er war wirklich ein guter Freund, der Beste! Sie stand auf und streckte sich erneut, dann sah sich an sich herunter. Sie trug noch immer die Klamotten von gestern, mit denen sie viel zu viele ungute Erinnerungen verband. Schnell zog sie sich aus und lief ins Bad. Sie brauchte dringend eine Dusche!

Zu Peggys großer Erleichterung verlief die restliche Woche wesentlich besser als befürchtet. Sowohl Sascha, als auch Annika erkundigten sich beinahe täglich bei ihr, ob sie irgendetwas für sie tun konnten und das ein oder andere Angebot nahm Peggy dankend an. Wahrscheinlich wollten beide sicher gehen, dass sie den Schock wirklich überwunden hatte und so kam es, dass Peggy die Tage eher zu dritt verlebte, als allein. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass die ganze Geschichte sie noch einmal mehr zusammengeschweißt hatte. Sie waren eine richtige Clique geworden und das war großartig! Mark schickte ihr jeden Tag mehrere Nachrichten, Fotos und Videos und lies sie keine zwei Stunden im Unklaren darüber, wie es ihm ging. Peggy betrachtete jede Message mit ungebrochenem Interesse und Hingabe und wusste jede einzelne zu schätzen!
Heute war Samstag und morgen würde sie ihn endlich wiederhaben! Schon den ganzen Tag überlegte sie hin und her, ob sie ihn in der Wohnung empfangen, oder doch ihrem Impuls nachgeben und ihn an der Schule abholen sollte. Sie wollte ihm keine peinliche Szene bereiten und ihn vor seinen Schülern doof dastehen lassen, wenn sie wie eine trauernde Witwe auf ihn wartete. Andererseits war die Sehnsucht nach ihm kaum auszuhalten und sie wollte ihn lieber früher, als später wiedersehen. >>Ich würde hinfahren. << sagte Annika, die auch heute Nachmittag wieder bei ihr war und mit der Peggy einige ihrer Gedanken geteilt hatte. >>Ist das nicht peinlich?<< - >>Überhaupt nicht, im Gegenteil. Immerhin habt ihr euch eine Woche nicht gesehen und er dann 6 oder 7 Stunden Busfahrt hinter sich! Ich glaube er würde sich sehr freuen. << Die Busfahrt! Die hatte Peggy völlig verdrängt. Sie erschauderte als sie darüber nachdachte. Sie hatte diese eine Nacht nicht vergessen und seit dem regelrechte Panik, wenn ihr Marks Rückreise in den Sinn kam. Annika bemerkte ihre Reaktion und sah sie aufmunternd an. >>Hey, es wird alles gut werden! Hol ihn ab, ich bin sicher, dass ihm das gefällt. << - >>Willst du mitkommen?<< fragte Peggy unvermittelt und Annika stockte. Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet. Natürlich würde sie das wollen. Auch sie konnte es nach all dem kaum erwarten, bis er wieder vor ihnen stand! Aber ihr war klar, dass sie eigentlich nur drittes Rad am Wagen sein würde. >>Nein, das ist euer Moment. << lehnte sie ab und hoffte, dass sie überzeugend genug klang. Irgendwann, vielleicht schon bald würde auch sie ihn wiedersehen. Das musste genügen.
So geschah es. Peggy hatte zwei Stunden mit ihren Haaren und dem Make Up zugebracht und sich die schönsten Klamotten angezogen, die ihr Kleiderschrank hergab. Sie wollte einfach ganz besonders gut aussehen, wenn sie Mark gleich abholen würde und ihm zeigen, wie sehr sie ihn vermisst hatte! Auf dem Weg zum Auto traf sie auf Sascha, der gerade mal wieder von einer Joggingrunde heimgekehrt war. >>Wow, was hast du denn vor?<< - >>Ich hole Mark ab. << lächelte Peggy und setzte sich ihre dunkle Sonnenbrille auf. Es war ein fantastischer warmer Tag, endlich warm genug für ihre Shorts, deren enger Jeansstoff ihren Po perfekt in Szene setzte. Dazu hatte sie ein helles, beinah bauchfrei geschnittenes Shirt gewählt, das in der Mitte etwas gerafft war und einen tollen Busen formte und an den Füßen trug sie heute mal keine hohen Absätze, sondern weiße Sportschuhe. Rasch schaute sie noch einmal an sich herunter und dann zurück zu Sascha. >>Oder ist das ein bisschen drüber?<< - >>Für Mark wirst du niemals zu drüber aussehen. << lachte er und ging an ihr vorbei ins Haus. >>Mach dir keine Gedanken, du siehst spitze aus und er wird es lieben!<<
Als Peggy das Auto auf dem Parkplatz des Schulgeländes abstellte, war ihre Nervosität und Freude ins Unermessliche gestiegen. Dieses Mal lag die Reisegruppe zum Glück gut in der Zeit. Sie waren, wie Mark ihr eben mitgeteilt hatte, nur noch eine viertel Stunde entfernt. Peggy beschloss erst einmal im Auto zu bleiben. Außer ihr waren anscheinend nicht viele Angehörige gekommen. Logisch, es war ja auch der Abijahrgang und die Schüler hatten sicher nicht allzu viel Lust auf eine große Wiedersehensparty ihrer Eltern. So ähnlich jedenfalls war es Peggy nach ihrer eigenen Abschlussfahrt auch ergangen. Da erkannte sie im Rückspiegel einen großen Reisebus, der im Schneckentempo auf das Gelände rollte. Endlich! Er hielt vor dem Haupteingang und nur wenige Sekunden später schwangen die Türen auf und die ersten Schüler torkelten ein wenig mitgenommen ins Freie. Peggy verfolgte aufmerksam das Geschehen, gleichzeitig prüfte sie unweigerlich, wen Mark da eigentlich begleitet hatte. Zu ihrer Erleichterung war unter den weiblichen Teilnehmerinnen niemand außergewöhnlich gut aussehendes dabei. Über sich selbst schmunzelnd schüttelte sie den Kopf. Wäre sie wirklich eifersüchtig geworden, wenn da jetzt ein Supermodel mit aus dem Bus geklettert wäre? So ein Unsinn … in diesem Moment erkannte sie ihn: Mark war gerade ausgestiegen und klatschte eine Gruppe Jungs mit freundschaftlicher Geste ab. Offenbar hatten sie sich sehr gut verstanden. Aufgeregt stieg Peggy aus dem Auto. Auch wenn sie es liebend gerne getan hätte, würde sie nicht auf ihn zu rennen und ihm sofort um den Hals fallen können. Sie musste warten, sich zurücknehmen, irgendwie versuchen, Contenance zu bewahren. Gerade jetzt, wo Mark sich noch von seinen Schülern verabschiedete. Nervös knetete sie ihre Finger und spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach, und das obwohl sie nur dieses dünne T-Shirt trug. Ruhig bleiben, betete sie sich wie ein Mantra vor und wartete, dass Mark sie endlich entdecken würde. Es geschah wie in Zeitlupe. Irgendwann, nachdem er seinen Koffer aus den Bergen fremder Gepäckstücke herausgezogen hatte, drehte er sich um und wich beinah erschrocken zurück. Er schien nicht recht glauben zu können, wer da drüben auf ihn wartete. Sein Blick traf sie direkt, trotz der einigen Meter an Entfernung zwischen ihnen. Sie konnte seine wachsamen Augen bis hier her spüren, bis auf ihre Haut, die sofort zu Prickeln begann! Sie beobachtete, wie er noch einmal seiner Schülergruppe zu winkte und dann langsam auf sie zu kam. Peggys Herzschlag nahm einmal mehr an Fahrt auf, je näher er kam. Zaghaft trat auch sie ein paar Schritte auf ihn zu und musste sich zusammennehmen, nicht doch noch loszulaufen!
Endlich kamen sie voreinander zu stehen. Mark betrachtete sie von oben bis unten, ganz genau, und mit einer Intensität, wie Peggy sie selten gespürt hatte. Er sah ein wenig müde aus, und gleichzeitig einfach wunderschön. Er war endlich wieder da! Nach allem was sie ausgestanden hatte, hatte sie ihn wieder! Gesund und munter. Peggy warf sich erleichtert in seine Arme und klammerte sich an ihn, als wäre er mindestens ein Jahr weg gewesen. Und Mark tat es ihr gleich.
>>Hey Süße. << hörte sie ihn dicht an ihrem Ohr und der Klang seiner Stimme drang direkt an ihr Herz. Sie holte tief Luft und atmete seinen vertrauten Duft bis in ihre Lunge ein. Es tat so gut! Noch einmal brach ihre Angst und ihre Sorge durch und sie schluchzte leise auf. Sie hatte ihn unendlich vermisst, das wurde ihr gerade wieder richtig bewusst. Beruhigend strich Mark ihr über den Rücken. >>Nicht weinen. Alles ist gut. << flüsterte er und sah in ihr Gesicht. Ihr Make Up hatte den kleinen Tränen standgehalten. Sie sah unglaublich schön aus! Sanft strich er ihr die Haare aus der Stirn und blickte sie voller Liebe an. >>Du hast mir gefehlt. << Peggy schniefte und lächelte gerührt. Sie konnte nichts sagen, sie war einfach nur glücklich, dass er wieder da war.

Als sie wenig später wieder Zuhause eintrafen spürte Mark wie froh auch er war, endlich wieder zurück zu sein. Die Woche in Prag war wirklich toll gewesen und er hatte sich mit allen prächtig verstanden, doch der Gedanke an Peggy und die Sorge um ihr Wohlergehen waren allgegenwärtig gewesen! Nun waren sie wieder zusammen und das war auch gut so.
Emelie schien ihn nicht minder vermisst zu haben. Sie war voller Freude, als er plötzlich einfach so wieder da stand und strahlte über das ganze Gesicht. >>Sie ist ja mega gewachsen!<< stellte Mark ein wenig erschrocken fest und betrachtete seine Tochter noch einmal genauer. Peggy lachte amüsiert. >>Naja, so sehr nun auch wieder nicht. Du hast sie nur ein paar Tage nicht gesehen, das ist alles. << - >>Trotzdem wird sie viel zu schnell groß. << Mark setzte sie wieder auf dem Boden ab, dann zog er seinen Koffer zu sich heran; kniete nieder und öffnete ihn. Wie er dieses auspacken nach einer Reise hasste! Unvermittelt hielt er inne und sah zu Peggy hinauf, die ihn beobachtet hatte. First things first… >>Was ist?<< fragte sie und bekam als Antwort nur einen langen Kuss auf die Lippen. >>Ich glaube, ich verschiebe das blöde Auspacken auf später. << erklärte Mark, drängte sie ein Stück nach hinten bis sie das Sofa erreicht hatten und zog sie mitsich. Lachend landete Peggy auf ihm und kuschelte sich an seine Brust. Eine Weile langen sie so da, Mark berichtete von den vergangenen Tagen und streichelte dabei verspielt durch ihre Haare. Und Peggy hörte ihm zu, genoss es, jedes Detail zu erfahren und ihn endlich wieder bei sich zu wissen. >>Prag ist echt schön. << beendete Mark seine Erzählung. >>Wir müssen da auch mal hinfahren. << - >>Sehr gern!<< - >>Du hast mir so
gefehlt. << - >>Und du mir erst. << Peggy hob den Kopf und schaute ihn an. In ihren Augen konnte Mark tausend Emotionen lesen: Glück, Liebe, Angst und Sorge. Er konnte sich nur ansatzweise vorstellen, was sie durchgemacht haben musste. >>Mir wäre es genauso gegangen…<< murmelte er gedankenverloren. >>Wenn du unterwegs gewesen wärst und ich hätte mitbekommen, dass da irgendwo ein Unfall passiert wäre und hätte dich nicht erreichen können … << Er brach ab, allein der Gedanke versetzte ihm einen Stich ins Herz. >>Ich bin wirklich fast durchgedreht. << gestand Peggy. >>Zum Glück waren Annika und Sascha bei mir! Alleine hätte ich diese ganze Scheiße niemals überstanden. << Sie hatte sich vorgenommen, sich irgendwann noch einmal richtig für ihre Hilfe und Unterstützung zu revanchieren. Ihr fehlte noch eine passende Idee, aber sie wollte das alles nicht einfach so stehen lassen.

>>Ich hab dir was mitgebracht. << sagte Mark und sofort waren Peggys trübe Gedanken verflogen. Erfreut richtete sie sich auf und sah zu, wie Mark ein kleines Päckchen aus dem Koffer hervorzauberte. Es war nicht besonders groß, aber wunderschön verpackt und ziemlich schwer. Dankbar nahm Peggy es an sich und schüttelte es prüfend. Sie versuchte zu erahnen, was darin versteckt sein könnte. >>Ich hoffe, es gefällt dir. << - >>Ganz
bestimmt. << war sich Peggy sicher und wickelte das Papier ab. Eine Schneekugel auf einem kleinen Podest kam zu Tage, in der Mitte war ein winziges Modell der Karlsbrücke abgebildet. Sie funkelte und glitzerte und ließ tausend kleine Sterne regnen, sobald man sie bewegte. Peggy war gerührt. >>Ist die
schön! << Sie kam Mark näher und küsste ihn dankbar auf den Mund.  >>Ich danke dir! Die bekommt einen Ehrenplatz im
Schlafzimmer. << - >>Schlafzimmer ist ein super Stichwort. << flüsterte Mark dicht an ihrem Mund, hob sie hoch und trug sie über den Flur. Vorsichtig glitt er mit ihr aufs Bett und betrachtete sie eine Weile. Er musste an vorhin zurückdenken, als er aus dem Bus gestiegen war und sie erkannt hatte. Sie hatte umwerfend ausgesehen in der knappen Shorts und dem Oberteil, das nicht zu viel und nicht zu wenig Blick auf ihren Bauch freigab. Am liebsten wäre er sofort zu ihr gerannt, doch irgendwie hatte er es geschafft, diesen Drang zu unterdrücken. >>Na, was überlegst du?<< wollte Peggy wissen, als sie seine nachdenklichen Blicke bemerkte. Er fuhr mit dem Finger die Konturen ihrer Schlüsselbeine nach, die sich unter ihrer dünnen Haut deutlich abzeichneten. Sie schien abgenommen zu haben…

>>Ich finde, nach alldem solltest du ein bisschen verwöhnt werden. << - >>Ja. Das finde ich auch. << stimmte Peggy ihm mit betonter Ernsthaftigkeit zu. Ihr Herz pochte wie wild! So lange hatte sie sich nach genau so einem Moment mit ihm gesehnt und sie beschloss, jede Sekunde davon zu genießen. Zu ihrer Überraschung bedachte Mark sie mit einem flüchtigen Kuss und stand dann auf. Ein wenig irritiert schaute sie zu, wie er in der Schublade des Nachtschranks kramte. Doch als er sich wieder aufrichtete sah sie, wonach er gesucht hatte.
>>Kennst du die noch?<< fragte er mit dunkler Stimme und warf ihr die Handschellen zu. Sie landeten mit einem dumpfen Klappern direkt neben ihr, Peggy biss sich auf die Lippe. Natürlich erkannte sie sie wieder. Es war zwar schon lange her, dass Mark sie zum Einsatz gebracht hatte, doch das Erlebnis war nach wie vor präsent in ihrem Kopf. >>Wie könnte ich die vergessen! Hat nur meiner Ansicht nach nichts mit verwöhnen zu tun. << Mark hob die Augenbrauen, zog sich mit einer schnellen Bewegung das T-Shirt über den Kopf und schlenderte lässig auf sie zu. Dann beugte er sich über sie, griff nach den Handschellen.

>>Oh doch, das hat es. << verbesserte Mark ihren kleinen Einwand und hob mit der anderen Hand ihr Kinn etwas an. Sein Griff verstärkte sich gerade so weit, dass es nicht weh tat und Peggy fühlte augenblicklich das vertraute Ziehen in ihrem Bauch! Er sah ihr tief in die Augen.
>>Du wirst es lieben, glaub mir. << Und in diesem Moment hätte Peggy ihm wohl alles geglaubt!