Die Nachhilfestunde 63: Aus und Vorbei

 

Endlich war sie am Bahnhof angelangt! Hektisch sah sie sich um, konnte Sina aber nirgends entdecken. Sie blieb stehen, versuchte ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen und ihre Gedanken zu sortieren.
Okay, wenn Sina tatsächlich vorhatte, wieder mit diesem Teufelszeug anzufangen, dann sicherlich nicht hier am Haupteingang, wo tausend Menschen ein und ausgingen und Polizeistreifen vor der Tür standen. Aber wo gab es hier dann so einen Treffpunkt? Peggy hatte keine Ahnung, woher sollte sie auch wissen, wo man am Bahnhof am besten an Stoff kommen konnte?! Hatte sie überhaupt eine Chance, Sina zu finden? Peggy keuchte noch immer, während sie langsam weiterging und mit den Augen die Menschenmenge in der Bahnhofshalle durchsuchte. Ihre Knie zitterten und sie brauchte all ihre Kraft, um sich nicht einfach irgendwo hinzusetzen und zu beten, dass das alles nur ein schlechter Traum war!

Und irgendwann, als sie schon fast aufgeben wollte, als sie beinahe am Ende der Halle angelangt war, da entdeckte sie Sina! Sie sah sie dort vorne auf dem Boden sitzend, an die Wand gelehnt, direkt vor einer der Treppen, die nach oben zu den Gleisen führten. Viele viele Leute liefen an ihr vorbei, ohne auf sie zu achten. Und Sina saß da, als wäre sie der einzige Mensch auf der Welt: lächelnd, mit geschlossenen Augen und scheinbar völlig entspannt. Peggy wurde speiübel bei ihrem Anblick! Ihr Herz klopfte wild, als sie langsam an sie heran trat. Da öffnete Sina die Augen und Peggy war es, als würden die Wände um sie herum einstürzen, als der glasiger Blick und die geweiteten Pupillen sie anschauten!  >>Peggy, hi. Du bist hier, wie schön! Komm, setz dich. << sagte Sina mit heller Stimme, doch sie klang entrückt, wie in einer anderen Welt.
Peggy fühlte, wie ihr die Tränen kamen, als ihr das Offensichtliche noch klarer wurde.

>>Sina! Was hast du getan?<< flüsterte sie erschüttert, aber Sina lachte nur leise. >>Das, was ich am besten kann: abhauen aus dieser scheiß Welt! Und weißt du was? Jetzt geht’s mir gut! Endlich wieder richtig gut!<<
Peggy starrte sie an. Sie konnte nicht glauben, was sie da sah, was sie da gerade gehört hatte, was sie hier gerade miterleben musste! Es tat weh, es zerstörte in ihr den Glauben an alles, was sie sich für Sina gewünscht und wofür sie wochenlang so hart gekämpft hatten! Es war schrecklich!
Wie in Zeitlupe wich sie zurück, drehte sich langsam um und ging, hörte nur undeutlich, wie Sina ihr noch einmal mit einer Singsang-Stimme hinterher rief, nahm nur noch schemenhaft die Menschen um sich herum war, wie sie umher eilten, oder schlenderten … und alles verschwamm zu einer trüben, grau - nebligen Masse. Ihre Knie zitterten und plötzlich bekam sie keine Luft mehr …

 


Die Notaufnahme brach an diesem späten Nachmittag aus allen Nähten! Es schien so, als hätte sich die ganze Stadt spontan dazu entschlossen, wegen irgendwelcher Wehwehchen das Krankenhaus aufzusuchen. Frank hatte seinen Dienst gerade erst begonnen und blickte nun fast verzweifelt auf den Schreibtisch hinter dem Empfangstresen, der vor lauter Aufnahmeakten beinahe überquoll! Seine einzige Rettung war, wie so oft in solchen Situationen, die junge Krankenschwester Carolin, die auch im größten Chaos noch die Nerven behielt und dafür sorgte, dass die dringenden Fälle sofort, und die nicht ganz so dringenden etwas später behandelt wurden. Und sie besaß die Kompetenz, das eine von dem anderen zu unterscheiden und richtig einzuordnen. Und dafür schätze Frank sie auch an diesem Nachmittag wieder einmal sehr!
>>Also gut Caro, was liegt an?<< fragte er, um sich einen groben Überblick zu verschaffen. Carolin ging die vor ihr liegenden Akten der Reihe nach durch.
>>In Raum 3 ein älterer Herr mit Blutdruckabfall, vermutlich dehydriert. Raum 4 ein BG-Unfall: Kopfplatzwunde nach Sturz von der Leiter, da läuft gerade die Aufnahme durch Ihren Assistenzarzt. Und im Gipsraum sitzt ein kleiner Junge, der beim Fußballtraining etwas zu heftig gegen den Ball getreten und jetzt einen verstauchten Fuß hat. << Sie lächelte ein wenig mitleidsvoll. >>In Raum 5 liegt Frau Mettmann. Unsere Frau Mettmann, richtig. << nickte sie, als sie Franks leicht schockierten Blick erkannte. Frau Mettmann war eine alleinstehende Dame mittleren Alters, die beinahe jeden zweiten Tag die Notaufnahme aufsuchte und sich die tollsten Sachen einfallen ließ, nur um ein wenig Beschäftigung zu bekommen.
>>Sie bildet sich auch heute wieder ein Magengeschwür und Nervenschmerzen ein. << erklärte Carolin.  >>Und auch heute ist das völliger Humbug, wenn Sie mich fragen. << - >>Ich werde sie mir gleich ansehen. << versprach Frank geduldig. Es würde ohnehin nichts nützen, der Dame keinen Glauben zu schenken. Spätestens übermorgen würde sie wieder auf der Matte stehen, da war er sich sicher.  >>Zu guter Letzt: ein junges Mädchen mit unklarer Synkope in Raum 7. << fuhr Carolin fort. >>Sie ist erst vor ein paar Minuten eingetroffen. << Frank musste sich zusammennehmen, nicht mit den Augen zu rollen. Unklare Synkope: Ohnmacht. Das konnte tausend Gründe haben, von einem einfachen Kreislaufproblem, bis hin zu schwerwiegerenden Erkrankungen. Es dauerte manchmal ziemlich lange, bis man eine Ursache gefunden hatte.

>>Großartig. << sagte er seufzend. >>Dann werde ich dort am besten beginnen. << Er nahm die Akte entgegen, die Carolin ihm schon entgegenstreckte und machte sich auf den Weg. Vielleicht war es auch eines dieser Mädchen, die dem Diätwahn verfallen waren und fast nichts mehr aßen, nur um sich auf Size Zero hinunterzuhungern, als Ergebnis aber lediglich regelmäßige Zusammenbrüche zu verzeichnen hatten. Frank würde sie nie verstehen.
Aber als er an Raum 7 angekommen war und die Schiebetür zur Seite zog, war es kein Möchtegern-Model, das ihm einen Schock versetzte: es war Peggy, die da auf der Liege saß und so mitgenommen und kaputt aussah, dass sich ihm das Herz zusammenzog! >>Peggy! Was ist denn passiert, um Gottes Willen?<< rief er besorgt und eilte zu ihr. Er nahm ihre Hand, in deren Venen die Schwestern bereits eine Infusionsnadel gelegt hatten und die sich ganz klamm anfühlte.
>>Papa … na toll. Ich hab denen extra gesagt, dass ich nicht ins Krankenhaus will. << gab Peggy mit leiser Stimme zurück. Aber als sie vorhin die Augen wieder aufgeschlagen hatte, hatte sie schon im Rettungswagen gelegen und wurde von einem ziemlich miesepetrigen Sanitäter darüber aufgeklärt, dass sie wohl am Bahnhof umgekippt wäre und dass man sie zum Durchchecken ins Krankenhaus bringen würde, wo gegen sie heftig zu protestieren versucht, jedoch nicht im Mindesten Erfolg gehabt hatte. Und nun saß sie hier, berichtete ihrem Vater von all dem und wollte eigentlich nur eins: ganz schnell nach Hause!

>>Aber was hattest du denn am Bahnhof zu suchen?<< wollte Frank wissen. >>Und wieso bist du ohnmächtig geworden? Was hat das alles zu bedeuten?<< - >>Das ist eine längere Geschichte, Papa. << antwortete Peggy und überlegte, ob hier wohl der richtige Ort war, um eben diese Geschichte zu erzählen.  >>Weiß denn Mark schon bescheid?<< fragte Frank weiter, Peggy schüttelte zaghaft den Kopf. Sie hatte sich nicht getraut, ihn anzurufen, denn eines war klar: er würde außer sich sein, wenn er erfuhr, dass sie im Krankenhaus gelandet war, nur weil sie Sina helfen wollte, die aber schon längst wieder an der Nadel hing!
>>Ich rufe ihn an. << entschied Frank, verließ den Untersuchungsraum und eilte wieder nach vorne an den Empfang. Der Aktenberg schien noch größer geworden zu sein, doch das war ihm momentan herzlich egal. Als er Carolin sah, wie sie selenruhig irgendwelche Laborergebnisse in den PC tippte, wurde er wütend. >>Wieso haben Sie mir nicht gesagt, dass meine Tochter hier ist?<< herrschte er sie an, Carolins Augen weiteten sich erschrocken. >>Ihre Tochter?<< - >>Raum 7, das Mädchen mit der Synkope! Sie hätten anhand des Namens doch sofort erkennen müssen, um wen es sich handelt!<< Er deutete auf das Klebchen, das auf der Akte haftete und Peggys Namen trug.
>>Entschuldigung,
ich … das muss mir in all dem Trubel irgendwie untergegangen sein. << stotterte Carolin und wurde rot! Man sah ihr an, wie peinlich ihr diese Geschichte war! Frank nahm keine Notiz davon.
>>Wir sprechen uns noch!<< knurrte er, nahm das Telefon in die Hand und wählte Marks Nummer.  
 


>>Er wird ausrasten. << murmelte Peggy immer wieder vor sich hin, nachdem ihr Vater wieder zu ihr zurückgekehrt war und ihr ausrichtete, dass Mark sich sofort auf den Weg machen würde. Frank sah seine Tochter verständnislos an. >>Er klang eher besorgt, als böse. Wieso sollte er auch?<< - >>Weil ich mal wieder nicht auf ihn gehört habe. << Peggy ignorierte den erneut verwirrten Blick ihres Vaters und seufzte. >>Können wir dann wenigstens gleich nach Hause?<< - >>Ich möchte noch ein EKG schreiben, Peggy. Dann sehen wir weiter. << - >>Papa, bitte! Ich bin nicht todkrank! << - >>Wenn du Diagnostik betreiben willst, hättest du doch besser Medizin studieren sollen.<< Frank bedeutete ihr, sich hinzulegen, während er schon das EKG-Gerät zu sich heranzog und die Kabel sortierte. Peggy wusste, dass es keinen Sinn hatte zu diskutieren und tat, wie ihr geheißen.
 >>Hast du nicht alle Hände voll zu tun?<< wollte Peggy wissen und spähte nach draußen in den Flur, auf dem die Schwestern und Ärzte hektisch hin und her liefen und jeder anscheinend drei Aufgaben gleichzeitig zu erledigen hatte.
>>Das hier könnte doch auch einer deiner Assis machen. Oder irgendein neunmalkluger PJler. << Frank bedachte sie nur mit einem tadelnden Blick und ging nicht auf sie ein. Er hatte es nicht gerne, wenn Peggy so abfällig über seine Assistenten oder die Ärzte des praktischen Jahres sprach, aber er wusste, dass sie mittlerweile zu alt war, als dass er sie hätte zurecht weisen können. 
In diesem Moment betrat Mark den Untersuchungsraum und Peggy bemerkte sofort, welche Angst er gehabt haben musste. Er schien fast ein wenig außer Atem zu sein, sah nervös und angespannt aus, und Peggy tat es augenblicklich leid, dass sie ihm wieder einmal Sorgen bereitet hatte!  
>>Oh süße … << - >>Schon gut. << unterbrach Peggy ihn und richtete sich wieder auf. Er sollte ihr kein Mitleid bekunden, denn schließlich wusste er ja nicht, wie es zu all dem gekommen war. Und wenn er es erfahren würde, würde er ziemlich sauer werden. Zu Recht! >>Hallo Mark. << Frank stand auf und gab ihm die Hand. Mark erwiderte seine Begrüßung und bemerkte sofort, dass die ungewohnte Freundlichkeit von Neulich wieder der kühlen Reserviertheit gewichen war, an die er sich beinahe schon gewöhnt hatte, aber es irritierte ihn trotzdem. >>Könnte ich Sie mal sprechen? Draußen. << sagte Frank, noch ehe Mark eine Antwort erwidern konnte und verließ den Raum. Mark warf Peggy einen raschen, fragenden Blick zu, doch Peggy hob nur die Schultern und blieb mit klopfendem Herzen zurück. Sie konnte sich auch nicht erklären, wieso ihr Vater einen so strengen Tonfall angeschlagen hatte.

 


>>Können Sie mir jetzt bitte sagen, was das alles zu bedeuten hat?<< Mark stand Frank in dem schmalen Flur der Ambulanz gegenüber und hatte keine Ahnung, wovon er sprach.  >>Was ist denn überhaupt passiert?<< - >>Peggy ist zusammengebrochen. << antwortete Frank und musste sich beherrschen, nicht wütend zu werden. >>In der Stadt. Genau genommen am Bahnhof, in der Nähe eines polizeibekannten Drogenumschlagplatzes! << Mit jedem Wort, das er sprach wurde er energischer, und als er bei dem ‚Drogenumschlagplatz‘ angelangt war, fiel es Mark wie Schuppen von den Augen: diese ganze Sache musste wieder einmal mit Sina zutun haben!
>>Sie haben mir Ihr Wort gegeben, dass Sie auf Peggy aufpassen. << fuhr Frank fort. >>Und nun erlebe ich so etwas hier! Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich all das eben in der Anamnese des Notarztes lesen
musste. << - >>Das kann doch nicht wahr sein. << murmelte Mark, noch immer in seine Überlegungen versunken. Sina hatte Mist gebaut und Peggy musste es ausbaden, schon wieder! Er hatte recht gehabt, mit allem! Aber momentan konnte er sich kein bisschen an diesem vermeintlichen Triumph freuen…

>>Ich muss mit Peggy sprechen. << sagte Frank entschlossen. >> Gleich nachdem der Drogentest abgeschlossen ist. << - >>Drogentest?<< wiederholte Mark schockiert, Frank nickte verärgert. >>Natürlich! Oder glauben Sie, es hat keinerlei Relevanz, wenn Peggy sich offenbar in dieser Szene rumtreibt?<<
Mark schluckte und erwiderte nichts. Angesichts der Tatsache, dass Peggy tatsächlich schon einmal mit Drogen in Kontakt gekommen war, konnte er nur inständig hoffen, dass sie diesen Fehler kein zweites Mal begangen hatte!
Aber was, wenn doch? Was, wenn Sina ihr Wort nicht gehalten und Peggy wieder angestiftet hatte? Und was, wenn Peggy alles mal wieder auf die leichte Schulter genommen hatte? Ihm wurde ganz schwindlig bei diesen Gedanken…
>>Peggy wurde bereits Blut abgenommen. << klärte Frank ihn auf. >>Ich habe eine notfallmäßige Untersuchung im Labor angefordert. In ein paar Minuten sollten wir Bescheid wissen.<< Mark erwiderte nur stumm seinen Blick, während die Gedanken in seinem umherwirbelten. Das war alles der reinste Alptraum!

 


>>Natürlich habe ich keine Drogen genommen! Was denkt ihr denn von mir?<< Peggy war außer sich, als ihr Vater ihr kurze Zeit später mitteilte, dass ihre Blutergebnisse in der Hinsicht unauffällig gewesen wären. Nicht nur die Tatsache, dass ihr unwissentlich Blut abgenommen wurde, machte Peggy wütend. Viel mehr war es die Erkenntnis, dass sowohl ihr Vater, aber vorallem Mark ihr zutrauten, sie würde sich nach dieser unsäglichen Geschichte damals nun erneut mit irgendwelchen Substanzen vergiften!
>>Da du dich in der Nähe eines solchen Platzes befunden hast, sind diese Befürchtungen nicht allzuweit hergeholt. << entgegnete Frank, Peggy bedachte ihn mit einem genervten Blick. >>Dann müsstet du jeden Menschen screenen, der sich am Bahnhof aufhält. << - >>Aber nicht jeder Mensch am Bahnhof verliert das Bewusstsein, Peggy!<< Nun war es Frank, der wütend wurde und seine Tochter streng ansah. >>Also werde nicht zickig, wenn ich mir Sorgen mache! Das scheint ja nach wie vor nötig zu sein. << Er warf Mark einen knappen Blick zu, der an der Wand lehnte und das Streitgespräch bislang wortlos verfolgt hatte. Doch nun schaltete er sich ein. >>Ich hatte keine Ahnung von all
dem. << sagte er. >>Ich weiß ja noch nicht einmal, wieso sie am Bahnhof war. <<- >>Da sind wir ja schon zwei. << erwiderte Frank und sah Peggy auffordernd an. Sie schluckte und wurde unter den bohrenden Blicken immer kleiner. Ihre Wut verrauchte und wich der Angst zugeben zu müssen, dass sie sich erneut in Sina geirrt und ihr ganzes Bemühen um sie völlig umsonst gewesen war.
Der Zufall kam ihr zu Hilfe, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und Caro hineingestürmt kam. Sie sah ganz panisch aus und hatte hektische rote Flecken auf dem Hals. Dennoch entging Peggy nicht der zuerst überraschte, dann schmachtende Blick, den sie Mark zuwarf, doch das war ihr im Augenblick fast egal. Sie war eher dankbar dafür, dass sie diese unangenehme Situation auflöste.
>>Dr. Steinkamp, Sie werden dringend im OP verlangt! Ein Notfall! << - >>In Ordnung, ich komme! << Frank warf Peggy einen letzten Blick zu. >>Die Sache ist noch nicht abgeharkt, meine Liebe!<< sagte er, ehe er hinaus eilte, Caro hinter ihm her. Es wurde still im Raum und Mark atmete tief durch, ehe er sich neben Peggy setzte und abwartete, ob sie ihn wohl von sich aus aufklären würde. Sie kaute auf ihrer Lippe herum, war sichtlich nervös, doch er würde den ersten Schritt nicht machen, das war ihre Aufgabe.
>>Sina ist rückfällig geworden. << sagte sie schließlich leise, den Blick auf den Boden geheftet. Mark sah sie an. >>Wieso überrascht mich das nicht?<< - >>Annika hat sie heute unwissentlich getroffen und mir von der Begegnung erzählt. Sina hat wohl angedeutet, dass sie zum Bahnhof will, deswegen habe ich sie dort
gesucht … << - >> … und wolltest sie zum hundertsten Mal vor sich selber retten, obwohl es schon längst zu spät war? << beendete Mark ihren Satz und schüttelte leicht ärgerlich den Kopf. Diese Frau war wirklich nicht mehr zurechnungsfähig!

>>Ich hab echt gedacht, sie packt es. Aber als ich sie dann da gesehen habe, völlig zugedröhnt … << Peggys Stimme begann zu zittern, als sie sich an das Bild erinnerte, das sich ihr vorhin geboten hatte. Sie schluckte und kämpfte gegen die Tränen an. Es war so ein Schock gewesen! Und eine noch größere Enttäuschung!
>>Ich weiß, dass du jetzt sauer bist. << fuhr Peggy niedergeschlagen fort und schaute Mark an. >>Und du hast völlig recht! Ich hab mal wieder nicht auf dich gehört und mal wieder hat mich das in Gefahr gebracht. Also halt mir ruhig eine Strafpredigt. Ich hab’s
verdient. <<
Mark erwiderte ihren Blick, der ihm so unendlich traurig und entmutigt entgegenschlug. Wie könnte er ihr jetzt einen Vortrag über ihre naive Einstellung halten! Das Bewusstsein darüber, dass ihre Rettungsmission gänzlich fehlgeschlagen war, war wahrscheinlich sowieso Strafe genug. Und ein Gutes hatte die Sache doch: das Thema Sina war ab dem heutigen Tage wohl ein für alle Mal Aus und Vorbei!

>>Ich hab eine bessere Idee. << Er stand auf und reichte ihr die Hand. >>Komm mit. << Peggy zögerte, sein unerwartet sanfter und beinahe liebevoller Tonfall verunsicherte sie, gleichzeitig war sie jedoch ziemlich erleichtert. Zaghaft legte sie ihre Hand in seine und erhob sich ebenfalls. Ihre Knie zitterten noch immer und ihr war auch nach wie vor ein bisschen schwindelig ... sie ergriff Marks Hand ein wenig fester und war einmal mehr dankbar, ihn an ihrer Seite zu wissen.